11.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Rabatt auf
Marken und
auf Karten

Auswahl im Handel riesengroß

Von Bernhard Hertlein
Warburg(WB). Als es in jedem Dorf noch einen Tante-Emma-Laden gegeben hat, hat man zum Einkauf neben dem Geldbeutel auch stets das Rabattmarken-Heftchen eingepackt. War die Sammlung voll, gab es ein paar Mark bar auf die Hand.
Sieben Geschäfte in der Bördestadt Warburg setzen seit zwei Jahren auf die »Bonus-Card«. Von ihr überzeugt ist Resi Borghoff (57), Inhaberin des gleichnamigen Schuhgeschäfts in der Warburger Innenstadt.. Anderswo warten City-Karten noch auf den Durchbruch. Foto: Jürgen Vahle

Also kaufte man schon mal das ein oder andere Produkt, das früher vielleicht im Nachbarladen erworben wurde, nun dort, wo es die Rabattmarken gab. Für den Händler hatte sich damit der Zweck erfüllt.
Heute werden wieder Rabattmarken ausgegeben - zum Beispiel von der Tankstellenkette Aral. Statt Bargeld gibt es einen Katalog der Waren, die man mit der geforderten Anzahl von Rabattmarken billiger einkaufen kann.
Eine modernere Form der Rabattmarken-Heftchen aber ist die Rabattkarte. Angefangen hat es mit der Abschaffung des Rabattgesetzes. Die Deutsche Lufthansa gehörte zu den ersten, die erkannten, welche Chance sich da auftat, die Kunden enger ans Unternehmen zu binden. Selbst prominente Politiker konnten der Versuchung nicht widerstehen, im Dienst erworbene »Meilen« privat zu nutzen.
Von der Basis »Miles & more« hob vor fünf Jahren die heute größte deutsche Rabattkarten-Organisation ab. Alexander Rittweger arbeitete als Berater im Dienst von Roland Berger für die Lufthansa, bevor er »Payback« schuf. Inzwischen sind 27 Millionen dieser Rabatt- und Kundenkarten ausgegeben worden. Die Besitzer können bei etwa einem Dutzend Unternehmen, darunter die Galeria Kaufhof, Real-Supermärkte, DM-Drogerien, OBI-Baumärkte, Vodafone, NH-Hotels, HDI-Versicherungen und Europcar sowie im Internet etwa bei Otto und Ticket Online Punkte sammeln, um sie in Prämien, Bargeld oder »Meilen« umzutauschen. Größter Gesellschafter des Payback-Betreibers Loyality ist mit mehr als 52 Prozent weiterhin Lufthansa. Der Vorteil dieser Karte: Sie ist bundesweit in ganz unterschiedlichen Branchen, aber bei einer noch halbwegs überschaubaren Zahl von Anbietern einsetzbar.
Datenschützer allerdings haben »Payback« wiederholt kritisiert, weil die Karte den Unternehmen ermögliche, relativ genaue Kundenprofile zu erstellen. Vom »Einkaufs-Striptease« etwa ist die Rede. Der Versuch des Bielefelder Vereins »FoeBuD«, Payback mit einer anonymisierten »Privacy Card« zu unterlaufen, wurde vom Betreiber mit Zustimmung der Gerichte gestoppt.
Ähnlich im Aufbau, wenn auch nicht so stark verbreitet sind Rabattsysteme wie »Happy Digits« und »Webmiles« sowie City- und Regionalkarten. Letztere haben bislang kaum die Erwartungen der Betreiber erfüllt. Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe, berichtet beispielsweise von einem Versuch in Bocholt, der sich trotz Unterstützung der örtlichen Sparkasse nicht so recht durchgesetzt habe. Der Grund: Die Systeme sind teuer und der Marketing-Aufwand vergleichsweise groß. Und ob ein pauschaler Rabatt tatsächlich zu größerer Kundenbindung und Mehrkäufen führe, sei fraglich.
Interessanter sind Kundenkarten, die nur für eine Supermarkt-Kette, ein Ladengeschäft oder beispielsweise eine Apotheke gelten. Reinhard-Dieter Wolf, amtierender Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe, bietet seinen Kunden seit Jahren eine eigene kostenlose »VIP«-Karte. Wer sie besitzt, erhält in allen sechs Wolf-Parfümerien auf alle Produkte -Ê Ausnahme: Sonderangebote - drei Prozent Rabatt. Zudem flattern von Zeit zu Zeit Informationen und Einladungen zum Thema Kosmetik in den Briefkasten. 11 000 dieser Karten sind im Umlauf. Wolf: »Ich bin mit der Resonanz der Kunden zufrieden.« Eine ähnliche Karte wie Wolf bietet seinen Kunden auch das Modehaus Pagenberg in Bielefeld.
Anders als bei anderen Projekten war die SB-Warenhauskette »Marktkauf«Êbei der Rabattkarte zeitlich nicht unbedingt unter den Vorreitern. »Dafür ist unser Angebot heute für die Kunden attraktiver«, stellte der Vorstandsvorsitzende der Muttergesellschaft AVA im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT fest. Für Einkäufe im Werte von insgesamt 625 Euro bekommen Besitzer der Marktkauf-Karte 10 Euro nach Hause geschickt. Dies entspricht einem Rabatt von 1,6 Prozent - und damit deutlich mehr als beispielsweise Payback bietet. Dazu kommen monatliche Verlosungen.
Seit der Einführung Anfang 2004 hat Marktkauf zwei Millionen Karten ausgegeben. Metje: »Sie hat die Loyalität unserer Stammkunden noch vergrößert.« Im Klartext: Die Kunden kommen häufiger (neun Prozent) zu Marktkauf und kaufen auch mehr ein (zehn Prozent). Damit hat Metje sein Ziel erreicht: »Bei anderen Karten verpufft dagegen oft die Wirkung.«
Je größer die Region, für die eine Karte geschaffen wird, desto größer auch die »Streuverluste«. Zudem trifft heute jede neue Karte auf eine bestehende Konkurrenz. In Ostwestfalen-Lippe übernahm der Einzelhandel in Warburg eine Vorreiterrolle. Vor zwei Jahren taten sich sieben Geschäfte -Ê ein Schuhhaus, ein Gartencenter, ein Sportgeschäft, ein Möbelhaus, ein Anbieter von Haushaltsgeräten, ein Bäderstudio und ein Modehaus -Êzusammen. Beim Einkauf erhalten die Kunden auf ihrer normalen Bankkarte bis zu drei Prozent des Einkaufswertes als Punkte gut geschrieben. Ab 500 Bonuspunkten entsprechend fünf Euro kann das Geld beim Einkauf in den teilnehmenden Geschäften in Zahlung gegeben werden. 3500 Warburg-Kunden nutzen die Karte. An sie wurden in zwei Jahren insgesamt 33 000 Euro ausgezahlt. Der Initiator der Karte, Schuster Gisbert Borghoff, verschweigt nicht, dass der Kreis der teilnehmenden Geschäfte auch in Warburg noch größer sein könnte: »Wenn die Händler die unterschiedlichen Systeme vergleichen, müssten sie sich eigentlich für unser System entscheiden.«

Folge 9 am Donnerstag:
Billiger ab Fabrik

Artikel vom 11.06.2005