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Mathe-Test in NRW verraten

Schüler stellt landesweite Aufgaben ins Internet - Strafanzeige droht

Von Ernst-Wilhelm Pape
Detmold (WB). An vielen der 628 Gymnasien und 217 Gesamtschulen in Nordrhein-Westfalen müssen die am Mittwoch geschriebenen Mathematik-Vergleichsklausuren wiederholt werden. Ein unbekannter Schüler hatte die Aufgaben ausspioniert und bereits am Dienstag ins Internet gestellt.

In einer eilig einberufenen Krisensitzung haben sich die fünf Bezirksregierungen darauf verständigt, dass die Schulleiter selbst entscheiden müssen, ob die Klausur wiederholt wird. Eine einheitliche landesweite Vergleichsarbeit könne in der Kürze der Zeit wenige Wochen vor den Sommerferien nicht mehr aus dem Boden gestampft werden, sagte Leitender Regierungsschuldirektor Ingo Klemisch von der Bezirksregierung in Detmold dieser Zeitung.
In der nächsten Woche werde entschieden, ob Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt werde, sagte Klemisch, der auch Fachdezernent für Mathematik ist. Vorrang habe zunächst die Schadensbegrenzung. Derzeit sei bereits sicher, dass in Ostwestfalen-Lippe an drei Schulen die Klausuren nicht gewertet würden. Hier werde es neue Aufgaben für die Schüler geben. Auch zahlreiche Schüler in weiteren Schulen hätten sich bereits bei den Schulleitung gemeldet und mitgeteilt, dass Mitschüler die Aufgaben bereits kannten. Diese Ungerechtigkeit dürfe nicht hingenommen werden.
Die Vergleichsklausur war in der Jahrgangsstufe 11 geschrieben worden. In diesem Jahr habe es zum ersten Mal massive Versuche von Schüler gegeben, im Vorfeld an die Aufgaben zu kommen. Klemisch: »Ein Schüler, der sich als Lehrer tarnte, hat mich sogar per Email gebeten, ihm die Aufgaben zu übermitteln. Ich habe dem Schüler mitgeteilt, dass er sich strafbar macht.« Zum einen gebe es den Namen des angeblichen Mathe-Lehrers in OWL nicht und zum anderen habe die Email viele Rechtschreibfehler enthalten.
Die Vergleichsklausur, die seit einigen Jahren von den Bezirksregierungen in NRW konzipiert und den Schulen angeboten werden, war Anfang der Woche auf dem Postweg und per Email an die Mathe-Lehrer verschickt worden. Zu bewältigen waren Aufgaben aus der Geometrie und der darstellenden Statistik. Die anonymen Klausuren werden zentral ausgewertet, damit die Schulen untereinander vergleichen können, wie sie beim Mathe-Unterricht benotet werden.
Nach Angaben von Klemisch ist der Schüler, der die Aufgaben am Dienstag verraten habe, nicht über den Email-Versand an die Klausur gelangt, sondern habe sich unrechtmäßig die Papierform verschafft. Beim Abschreiben seien sogar noch einige Fehler gemacht worden. Ein weiterer Schüler teilte im Internet mit, dass er die Aufgaben der Klausur von seinem Vater bekommen habe, der Lehrer sei, und fragt, »ob das in Ordnung ist«.
www.mathe-treff.de

Artikel vom 11.06.2005