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Die Fortsetzung der
Federer-Festspiele

Sein bestes Spiel auf Rasen: Marat Safin.

Schweizer macht gegen Safin GWO-Hattrick perfekt

Von Hans Peter Tipp
Halle (WB). Wer hat's erfunden - das Tennisspiel auf Rasen? Dieser Tage drängt sich der Eindruck auf, es seien die Eidgenossen gewesen.

Denn der 23-jährige Schweizer Roger Federer ist auf Gras derzeit das Maß der Dinge. Als erster Profi gewann der zweifache Wimbledon-Sieger gestern zum dritten Mal in Folge die mit 685 000 Euro dotierten Gerry Weber Open. Mit dem 29. Rasensieg in Folge vor 11 500 Zuschauern bestätigte er seinen Ruf als bester Spieler auf dem Tennis-Grün. 6:4, 6:7, 6:4 hieß es nach etwas mehr als zwei Stunden für Federer, den weiterhin regierenden Halle-Champion, der sich damit für die Halbfinalniederlage bei den Australian Open gegen Safin revanchiert hatte. Dafür kassierte er in Halle 96 000 Euro und nahm zusammen mit Partner Yves Allegro auch noch knapp 50 000 Euro für den Sieg im Doppel mit.
Safin gelang aber zumindest, was den Finalisten in den Vorjahren nicht vergönnt gewesen war: Der Champions Race-Vierte spielte mit Federer auf Augenhöhe, zwang ihn mit einem gewonnenen Tiebreak im zweiten Durchgang in einen dritten Satz.
»Das beste Rasenspiel meiner Karriere«, lobte sich der 25-Jährige aus Sotschi nach dem ersten Finale zweier topgesetzter Spieler in der GWO-Geschichte. Zwei, drei Fehler hätten entschieden, befand der 1,93-m-Mann. Einen ordnete er dem Schiedsrichter zu, den der Russe im zweiten und dritten Satz mehrfach in Wortduelle verwickelte. Neben der Gratulation galt auch sein Dank dem Sieger: »Es war ein großes Spiel, und deshalb ist es mir egal, ob ich gewonnen oder verloren habe. Danke an Roger für diese Gelegenheit.«
Mehr als zwei Stunden benötigte der fast Fehlerfreie aus der Schweiz, um den Hattrick zu vollenden. »Ich hatte nicht erwartet, dass es auf Rasen gegen Marat so schwierig werden würde«, sagte er. Der gleichwertigen Auseinandersetzung fehlten zwar die großen Pointen. Dafür verblüfften Präzision und Härte der Aufschläge. Safin servierte teils mit mehr als 220 km/h, Federer dafür umso genauer. Weil sich beide keine Schwächen erlaubten, blieben das Match eng, die Ballwechsel meist kurz, aber heftig.
Für Federer war es der 20. Finalsieg in Folge. »Das ist die Statistik, die mir am besten gefällt, denn das sind die wichtigsten Spiele«, sagte der Schweizer. Dass er die Tenniswelt scheinbar nach Belieben dominiert, sei keineswegs normal: »Ich überrasche mich immer wieder selbst. Es ist nicht selbstverständlich, dass ich mit wenig Vorbereitung hierher komme und gewinne.«
Nun will der Weltranglisten-Erste auch in Wimbledon erneut triumphieren und hält deshalb auch an so mancher Kleinigkeit fest: Gestern reiste er wie im Vorjahr mit dem Auto aus Halle in die Schweiz zurück. Ebenfalls erneut im Gepäck: eine Riesenportion Selbstvertrauen.

Artikel vom 13.06.2005