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Kuranyi stürmt nach Schalke

Misstöne begleiten den Abschied des Nationalspielers aus Stuttgart

Stuttgart/Gelsenkirchen (dpa). Mit herber Kritik am VfB Stuttgart hat sich Kevin Kuranyi nun endgültig zum FC Schalke 04 verabschiedet. Beide Vereine bestätigten am Sonntag nach wochenlangen Spekulationen den Wechsel des Nationalstürmers, der beim Vizemeister einen Vertrag bis 2010 erhält.
Kuranyi nutzt für eine fest geschriebene Ablösesumme von knapp sieben Millionen Euro eine Ausstiegsklausel aus seinem bis Mitte 2008 laufenden Vertrag. Trotz des größten Transfer-Erlöses der VfB-Vereinsgeschichte begleiten Misstöne den Weggang des 23-Jährigen: Kuranyi klagte über ein mangelndes Engagement der Stuttgarter Vereinsführung, ihn doch noch am Neckar zu halten.
»In den letzten Wochen kam nicht ein Anruf vom Präsidium. Keiner hat mir gezeigt, dass man mich halten will. Ich war für einige Tage bei der Nationalmannschaft, da hätten wir ja nochmal miteinander reden können«, sagte er der »Bild am Sonntag«. Kuranyis Kritik wies Stuttgarts Manager Herbert Briem zurück: »Ich kann dieses Gerede nicht mehr hören. Wir haben immer gesagt, dass wir ihn behalten wollen.«
Club-Präsident Erwin Staudt zeigte sich irritiert darüber, dass Schalke den VfB erst am Samstagmittag über eine Kontaktaufnahme informiert und Kuranyi ihn dann am Abend vom Wechsel unterrichtet habe. »Überraschen kann mich in diesem Geschäft langsam gar nichts mehr. Ich nenne das eher rationelles Arbeiten. Aber es ist schon bemerkenswert, dass in ein paar Stunden so ein umfangreiches Vertragswerk ausgehandelt werden kann.«
Das Verhältnis der beiden Clubs ist belastet, seitdem Schalke den damaligen VfB-Trainer Felix Magath sowie die Spieler Andreas Hinkel und Kuranyi ins Ruhrgebiet locken wollte. Im vergangenen Jahr hatten die »Königsblauen« bereits Stuttgarts brasilianischen Abwehrchef Marcelo Bordon verpflichtet.
Die VfB-Verantwortlichen stehen nun unter Druck, soll das Erfolgsmodell der »jungen Wilden« weiterhin Bestand haben. Briem kündigte zwar die Verpflichtung eines Stürmers von »internationaler Klasse« an, doch nach der Trennung von Matthias Sammer muss der Club erst einmal einen neuen Trainer finden. Zudem hat Arsenal London seine Fühler nach Alexander Hleb ausgestreckt und bietet englischen Zeitungsberichten zufolge 12 Millionen Euro für den weißrussischen VfB-Spielmacher.
Schalke kann nach den ablösefreien Mittelfeldakteuren Zlatan Bajramovic von Absteiger SC Freiburg und Nationalspieler Fabian Ernst (SV Werder Bremen) bereits den dritten hochkarätigen Neuzugang vermelden. »Das zeigt, dass wir ganz gute Arbeit machen auf Schalke. Die Spieler sind überzeugt, dass sie sich bei uns steigern und um Titel spielen können«, sagte Teammanager Andreas Müller. Über die Zukunft des abwanderungswilligen Ailton sei noch nichts entschieden: »Noch ist er nicht weg. Wir müssen die nächsten Tage und Wochen abwarten. Aber wir sind nicht bereit, ihn weg zu lassen.«
Kuranyi will im Trikot der »Königsblauen« viel bewegen. »Fünf Jahre sind Zeit genug, um alle Ziele zu erreichen: Ich will mit Schalke viele Titel gewinnen«, sagte er. Zugleich zeigte sich das VfB-Eigengewächs mit seinen brasilianisch-panamesischen Wurzeln erleichtert über das Ende aller Wechselspekulationen, die zuletzt auch seine Form beeinträchtigt hatten: »Ich bin froh, dass es jetzt raus ist und ich mich auf den Confed-Cup konzentrieren kann. Mein Kopf ist endlich wieder frei.«
Seit 1997 trug Kuranyi das Trikot des VfB, erzielte in 99 Bundesliga-Spielen 40 Treffer. Nach tollen Jahren in Stuttgart sei für ihn »jetzt die Zeit gekommen, um mich abzunabeln und einen neuen Weg zu finden«.

Artikel vom 13.06.2005