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Das kleine Glück im Südpazifik

WM-Qualikation: Die Salomon-Inseln hoffen auf ein Fußball-Wunder

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Bielefeld (WB). Wenn das Volk ihn nicht mehr will, wird der König vom Thron gestoßen. Otto Rehhagel muss noch nicht fürchten, dass ihm die Gefolgschaft versagt wird, aber der Fußball-Herrscher von Griechenland spürt die Unruhe im Land. Der Europameister droht die Weltmeisterschaft zu verpassen.

Dabei würde der Ehren-Hellene im nächsten Jahr nur allzu gern Einzug halten in seine Heimat. Doch nach dem 0:1 gegen die Ukraine ist Gruppenplatz eins wohl weg, auf Position zwei kletterten die Türken. Von Rang vier aus schieben noch die Dänen nach vorn. Darum erntete Abwehrspieler Panagiotis Fyssas auch keinen Widerspruch, als er feststellte: »Es ist für uns schwierig geworden.«
Bei seiner Zitterpartie befindet sich Griechenland in guter Gesellschaft. So müssen die Franzosen fürchten, es noch schlimmer zu treffen als 2002. In Japan und Südkorea blieben die »Blauen« bereits in der Vorrunde kleben, nun könnte es passieren, gar nicht dabei zu sein. In Gruppe 4 lautet die Reihenfolge derzeit Irland, Schweiz, Island - erst dann folgt der wankende Weltmeister von 1998 und Europameister von 2000, der Probleme im Neuaufbau hat.
Die Entscheidung, ob Deutschlands Nachbar in einem Jahr zum Ballspielen über die Grenze kommen darf, fällt bei den Partien in Irland und der Schweiz. Ausgeschlossen ist, das Zinedine Zidane sich seiner Mannschaft erbarmt und zurückkehrt. »Ich fühle mich wohl so wie es ist«, sagte der Ausnahmekicker von Real Madrid.
Sein Klubkollege Luis Figo klagte dagegen zuletzt über Unterbeschäftigung im Vereinsteam und stellte sich auch deswegen wieder der portugiesischen Nationalauswahl zu Verfügung, aus der er sich nach der EURO eigentlich verabschiedet hatte. Bisher hält der EM-Gastgeber von 2004 die Slowaken und Russen in Schach. Bis auf Frankreich und Griechenland ist es überhaupt so, dass Europas Elite ihren Weg bisher souverän beschreitet. Sogar die Niederländer, immer wieder für einen Betriebsunfall gut, sind ganz ruhig.
Der Blick vom WM-Gastgeberland aus in die weite Welt offenbart, dass auch die richtig Mickrigen den riesigen Traum von der Weltmeisterschaft haben. Zum Beispiel die Salomon-Inseln. Man findet sie, wenn man den Südpazifik durchstöbert. 2600 Kilometer östlich von Australien liegt die Eiland-Gruppe, die sich noch im vergangenen Jahr einen heftigen Bürgerkrieg leistete und erst von Friedenstruppen und Polizei aus anderen Pazifikstaaten zur Ordnung gerufen wurde. 2003 hatten die Salomon-Inseln unter einem schweren Wirbelsturm zu leiden.
Mit dem Erfolg der Fußballer in der Ozeanien-Abteilung der WM-Qualifikation kehrte endlich ein bisschen Glück in das gequälte Land ein. Eine gehörige Portion davon wird die Amateurauswahl von Nationaltrainer Alan Gillett auch benötigen, wenn es Anfang September in zwei Ausscheidungsspielen gegen Australien darum geht, wer die Relegation gegen den Fünften der Südamerika-Gruppe bestreiten darf. Der Sieger daraus fährt dann nach Deutschland. Es wäre ein Fußball-Wunder in einem entlegenen Zipfel der Welt, sollten es die »Salomonen« schaffen.
Während in Südamerika Argentinien am Ziel ist und Brasilien kurz davor, gibt es in Afrika doch den ein oder anderen Zwischenstand zu notieren, der zumindest in Europa Erstaunen erzeugt. Afrikameister Tunesien, am 18. September deutscher Gruppengegner im Conferations Cup, hat ein echtes Problem mit Marokko und vielleicht auch mit Guinea. Die Super Eagles aus Nigeria müssen ebenso bangen wie Kameruns unzähmbare Löwen. Auch der Senegal wäre derzeit nicht dabei. Stattdessen können Togo, Angola oder die Elfenbeinküste darauf hoffen, Afrikas Ball-Kultur demnächst in Deutschland vorzustellen.

Artikel vom 11.06.2005