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Papst-Bier zum Vatikan-Brot

Benedikt XVI. löst einen Ramschhandel mit skurrilsten »Fan«-Artikeln aus

Hamburg (dpa). Beinahe zwei Monate ist der Deutsche Joseph Ratzinger jetzt schon Papst Benedikt XVI. Die Wahl des bayerischen Gendarmensohnes auf den Stuhl Petri löste von Flensburg bis Passau auch unter Nichtkatholiken ein bisher nicht gekanntes Papst-Fieber aus, das seltsame Blüten treibt.
Papst Benedikt XVI. schüttelt nur den Kopf über den ganzen Rummel. Foto: Reuters
Nicht nur, dass jene Orte, in denen der Theologe vor seinem Weggang nach Rom aufwuchs und lebte, um die größte Aufmerksamkeit buhlen. Im Internet ist ein regelrechter Papst-Ramschhandel ausgebrochen. Es gibt so gut wie nichts von Benedikt XVI., das nicht über den elektronischen Marktplatz verhökert wird.
Der VW Golf des einstigen Kurienkardinals Ratzinger machte den Anfang. Geschäftstüchtig bot der Zivildienstleistende Benjamin Halbe aus Olpe seinen eben erst von einem Gebrauchtwagenhändler erstandenen mönchsgrauen Fünf-Türer samt Sportfelgen kurz nach der Sensation bei der Internetbörse eBay an. Am Ende ging der Volkswagen für fast 190 000 Euro an ein Online-Casino in den USA. Und das, obwohl der neue Papst mangels Führerschein den Wagen nie selbst steuerte.
Es folgte ein Zweitexemplar des »Papst-Golfes« in identischer Ausstattung, das sich Geschäftsmann Helmut Brossmann aus der Nähe Regensburgs vom VW-Konzern dieser Tage ausliefern ließ. Schließlich soll auch am Wohnort des älteren Bruders Georg (81) von Benedikt XVI. ein »Papa-Mobil« seine werbewirksamen Runden drehen. »Mein Bruder hat nur noch den Kopf geschüttelt«, gibt der langjährige Leiter der Regensburger Domspatzen die Reaktion des Papstes wieder, als dieser von dem Auto-Rummel erfuhr.
Für 930 000 Euro ist ebenfalls über eBay jenes Haus in Bonn zu haben, in dem der noch junge Theologieprofessor Jospeh Ratzinger von 1959 bis 1963 lebte. Damit niemand an der Glaubwürdigkeit der Offerte zweifeln muss, wird der seinerzeitige Telefonbucheintrag Ratzingers mit der Adresse »Wurzerstraße 11« und ein Personalbogen-Auszug der Universität mit der Angabe »ledig« dazugestellt.
Mehr als 600 Benedikt-Artikel sind in dem elektronischen Marktplatz zu haben. Das reicht von Briefmarken und Münzen über Rosenkränze und T-Shirts bis hin zu den skurrilsten »Fan-Artikeln«. Ein Geschäftemacher bietet allen Ernstes ein verbrutzeltes Rumpsteak zur Fernseh-Versteigerung an, auf dem seine Mutter das Papst-Antlitz erkannt haben will. In einem Internetforum fragt ein Interessent an, ob es das Schnitzel nicht auch aus Schaffleisch gebe, »da ich so ungern Rind esse«. Zum Papst-Schnitzel werden mittlerweile auch Ketchup und Toastbrot angeboten.
Doch auch Benedikt-Torte und Vatikanbrot beim Bäcker im bayerischen Papst-Geburtsort Marktl sind im Angebot. Das kleine Dorf mit seinem rührigen Bürgermeister Hubert Gschwendtner hatte am 19. April, dem Tag der aus deutscher Sicht so sensationellen Papstwahl, blitzschnell reagiert und auf dem Marktplatz ein Fest organisiert. Ausgeschenkt wurde Papst-Bier, das freilich auch kein anderes Gebräu als das von der nächstgelegenen Brauerei schon zuvor angebotene Bier ist.

Artikel vom 11.06.2005