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SPD erwächst Gefahr von links

Lafontaine sieht neues Wahlbündnis als »dritte Kraft im Bundestag«

Berlin/Saarbrücken (Reuters/dpa). Der frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine will an der Spitze eines Linksbündnisses aus PDS und der SPD-Abspaltung WASG bei der Bundestagswahl antreten.
»Wenn diese Vereinigung zu Stande kommt, dann stehe ich zur Verfügung. Das ist eine klare Aussage«, sagte der aus der SPD ausgetretene Lafontaine am Freitag. Allerdings müssten am Wochenende die Gremien von PDS und Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) der in der Nacht in Berlin erzielten Vereinbarung noch zustimmen. Danach bietet die PDS Mitgliedern der WASG für die im Herbst erwartete Bundestagswahl Plätze auf ihren Listen an und prüft, ob sie ihren Parteinamen durch einen Zusatz wie »Vereinigte Linke« oder »Demokratische Linke« ergänzt.
Für die kommende Legislaturperiode kündigten PDS-Chef Lothar Bisky und WASG-Vorstandsmitglied Klaus Ernst die Bildung einer Linkspartei an. Ernst sagte, das Bündnis wolle vor allem gegen die SPD antreten. Nach einer Meinungsumfrage können sich 18 Prozent der Deutschen vorstellen, ein Linksbündnis zu wählen.
Lafontaine sagte, es gebe die einmalige Konstellation, dass alle im Parlament vertretenen Parteien die von der Bevölkerung abgelehnten Arbeitsmarktreformen befürworteten. Viele Bürger fühlten sich zudem nicht durch eine Außenpolitik vertreten, »die Deutschland am Hindukusch verteidigen« wolle. »Da muss es eine neue Kraft geben, und ich bin bereit, da mit zu machen«, sagte der frühere SPD-Chef. »Ich bin fest davon überzeugt, dass das neue Bündnis drittstärkste Kraft im Bundestag wird«, ergänzte er.
WASG-Vorstandsmitglied Ernst äußerte die Erwartung, dass das Bündnis im Herbst acht bis zehn Prozent gewinnen werde. Rivalitäten mit dem wieder für den Bundestag kandidierenden früheren PDS-Partei- und Fraktionschef Gregor Gysi seien nicht zu erwarten, versicherte Lafontaine. »Wir wollen nur eine andere Politik.« Im Wahlkampf werde Gysi sich auf den Osten und er sich auf den Westen konzentrieren. »Die SPD ist soweit nach rechts gerückt, dass links von der SPD so ein breites Feld ist, das nicht alleine von der PDS im Osten zu gewinnen ist«, sagte Ernst. Nach Informationen aus der WASG soll Lafontaine Spitzenkandidat des Linksbündnisses in NRW werden.
Die SPD nimmt das geplante Linksbündnis aus PDS und WASG ernst. Als »Schönwetterpolitiker« bezeichnete SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter am Freitag aber die beiden Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine und Gregor Gysi. Als die politische Lage ernst geworden sei, hätten sie sich aus dem Staub gemacht - Lafontaine als Bundesfinanzminister und Gysi als Berliner Wirtschaftssenator.
Brandenburgs CDU-Vorsitzender Jörg Schönbohm hat dem Linksbündnis schon vor seiner Gründung die Glaubwürdigkeit abgesprochen. Zu den voraussichtlichen Spitzenkandidaten, Oskar Lafontaine und Gregor Gysi sagte Schönbohm: »Das sind zwei die links reden und tiefbürgerlich leben. Ich gehe davon aus, dass die Wähler bei der Wahl Oskar Lafontaine endgültig die Rote Karte zeigen.«
Ein Bündnis von PDS und WASG könnte nach Ansicht des Parteienforschers Peter Lösche die absolute Mehrheit der Union im Bundestag nach einer Wahl im Herbst verhindern. »Das Linksbündnis kommt in den Bundestag, deshalb reicht es nur für Schwarz-Gelb - das ist die wahrscheinlichste Annahme«.

Artikel vom 11.06.2005