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Die ärmsten Länder
von Schulden befreit

37 Staaten sollen vom G8-Beschluss profitieren

London (dpa/Reuters). Die führenden Industrienationen und Russland (G8) erlassen den ärmsten Ländern der Welt ihre Schulden in Milliardenhöhe - und das vollständig.



»Dies ist in der Tat ein historischer Beschluss«, sagte Bundesfinanzminister Hans Eichel nach dem entscheidenden Treffen mit seinen G8-Amtskollegen am Samstag in London. Insgesamt geht es um Schulden von 37 Ländern in Höhe von insgesamt 55 Milliarden US-Dollar (44 Milliarden Euro). Die Einigung wurde von Hilfsorganisationen und den betroffenen Ländern begrüßt.
Der britische Finanzminister Gordon Brown, der maßgeblich an dem positiven Abschluss beteiligt war, nannte die getroffene Vereinbarung die umfassendste im weltweiten Kampf gegen die Armut. Das Ergebnis des Londoner Treffens werde die Grundlage für den G8-Gipfel der Staats- und Regierungschefs vom 6. bis 8. Juli im schottischen Gleneagles sein. Dort wollten diese »ein neues und besseres Verhältnis, eine neue Übereinkunft zwischen den reichen und armen Ländern dieser Welt schaffen«, sagte Brown.
Großbritannien hat derzeit die G8-Präsidentschaft inne und sich dabei die Hilfe für die Entwicklungsländer als Schwerpunkt gewählt. Zu den G8-Staaten gehören die USA, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Deutschland, Italien, Japan und Russland.
Nach der Einigung von London entfallen die Schulden von 18 Ländern in Höhe von 40 Milliarden Dollar bei der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie der Afrikanischen Entwicklungsbank mit sofortiger Wirkung.
Der Schuldenerlass für die weiteren Länder tritt in Kraft, wenn auch diese Staaten die Bedingungen einer »guten Regierungsführung«, dazu gehört etwa der erfolgreiche Kampf gegen Korruption, erfüllen.
Die durch den Schuldenerlass entstehenden finanziellen Lücken bei den internationalen Finanzinstitutionen sollen mit Mitteln der G8-Staaten und auch der Ölförderländer gestopft werden. »Die armen Länder leiden unter den hohen Ölpreisen am meisten«, sagte Eichel. Deshalb seien die reichen Ölförderländer neben den führenden Industrienationen auch besonders gefordert, sich an den Kosten der Entschuldung zu beteiligen. Nach den Worten Eichels beträgt der deutsche Anteil an dem Schuldenerlass innerhalb der kommenden zehn Jahre zwischen 700 und 950 Millionen Euro.
Entwicklungsministerin Heidi Wieczorek-Zeul begrüßte den Schuldenerlass als einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen die Armut. Dabei forderte sie für weitere arme Länder einen Schuldenerlass. Auch Staaten, die mit den Folgen von Bürgerkriegen und Naturkatastrophen fertig werden müssten, dürfe dieser Weg nicht versperrt werden.
Vom Schuldenerlass sollen 18 Länder nach Angaben des britischen Finanzministers Gordon Brown sofort profitieren. Die Summe ihrer Schulden beläuft sich insgesamt auf 40 Milliarden Dollar. Diese Staaten gehören zur so genannten HIPC-Gruppe (Initiative der hochverschuldeten armen Länder).
Im einzelnen kommt der Schuldenerlass unmittelbar diesen Staaten zu Gute: Äthiopien, Benin, Bolivien, Burkina Faso, Ghana, Guyana, Honduras, Madagaskar, Mali, Mauretanien, Mosambik, Nicaragua, Niger, Ruanda, Sambia, Senegal, Tansania und Uganda.

Artikel vom 13.06.2005