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»Bei uns können
Sie mal die Seele
baumeln lassen«
Dr. Monika Gommolla führt den »Maritim«-Aufsichtsrat
Kölner Möbelmesse, am Stand eines führenden Sofa-Herstellers. Eine Frau blättert unauffällig in Papieren. »Wissen Sie eigentlich, wer das ist?« Im Flüsterton folgt sofort die Antwort: »Frau Dr. Gommolla, die Chefin der Hotelkette Maritim.«
Sie kann sich nicht um jedes Detail selbst kümmern. Aber kein Detail scheint ihr zu unwichtig, als dass sie sich nicht gegebenenfalls darum kümmern würde. Eigentlich ist Monika Gommolla ja »nur« die Aufsichtsratsvorsitzende der Maritim-Kette. Doch wie ernst sie den Job nimmt, zeigt sich daran, dass »ich meine 40-Stunden-Woche schon am Mittwochabend hinter mir habe«.
Als eine ihrer Kernaufgaben betrachtet sie Konzeption, Planung und Realisierung von neuen Maritim-Hotels. Sie lächelt, wenn sie über die Verhandlungen mit Oberbürgermeistern, Stadtdirektoren etc. berichtet: »Fast immer sind es Männer, die dabei zeigen wollen, wie viel Macht sie haben.« Sie darin zu bestärken, zahle sich aus: »Am Ende bin ich meistens zehn Meter weiter als ich mir selbst als unbedingtes Ziel gesetzt hatte.«
Man sieht es Monika Gomolla auf den ersten Blick nicht an, dass sie die Miteigentümerin von Deutschlands größter und bekanntester Hotelkette ist. Die Chefin von 8000 Mitarbeitern vermeidet bei ihren öffentlichen Auftritten jede Herrscherattitüde. Kein Glitzer, kein Glimmer, eher lippische Bescheidenheit. Schließlich ist Bad Salzuflen der Sitz ihres Unternehmens.
Sie schwärmt von dem Essen in den Maritim-Restaurants; aber selbst »brate ich mir mein Steak auch mal gern allein zu Hause«. Sie könnte in der schönsten Suite übernachten; aber das ist nicht ihr Stil. An ihrem Bett liegt übrigens stets ein Notizblock - »für den Fall, dass mit mitten in der Nacht eine Idee in den Kopf schießt, wie wir unsere Hotels noch besser gestalten oder auslasten können«.
Geboren wurde Monika Gommolla in der ostfriesischen Hafenstadt Leer, aufgewachsen ist sie in der lippischen Kurmetropole Bad Salzuflen. Sie studierte in Kiel und München, promovierte und arbeitete im wissenschaftlichen Bereich der Universität Göttingen. Zusätzlich zu ihrer Arbeit in Bad Salzuflen unterhält sie auch ein Anwaltsbüro in München.
In das elterliche Unternehmen stieg Gommolla 1982 ein. Vor zehn Jahren übernahm sie in Bad Salzuflen die Verantwortung. Ein Jahr später starb Hans-Joachim Gommolla, ihr Vater. Einzige Miteigentümerin an der Maritim-Kette ist als stille Gesellschafterin Gommollas Schwester Christel Brandt.
Hans-Joachim Gommolla hatte ein besonders Gespür dafür, wo sich unternehmerisches Engagement auszahlen könnte. Er startete mit der Produktion von Maschinen für die Spanplattenindustrie. Deshalb zog die Familie schon bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in das Zentrum der deutschen Möbelindustrie nach Ostwestfalen. Das Geld, das er als Miteigentümer verdiente, legte er in Wohnimmobilien an. Aus dem Anlagegeschäft wurde ein Geschäftsfeld. Gommolla war nun auch Bauträger, als Mitte der 60er Jahre der Neubau-Boom erstmals etwas abflachte. Inzwischen verdienten die Deutschen so viel, dass sie sich immer häufiger einen Urlaub gönnten. Timmendorf erfreute sich als mondänes Ostseebad steigender Beliebtheit. Dort baute Gommolla direkt am Strand ein 250-Betten-Luxushotel. Der Name Maritim - »am Meer gelegen« - stammt von diesem ersten Hotel. Weil es der Bürgermeister so wünschte, wurde es mit einem ebenfalls neuen Kongresszentrum verbunden. Die Idee erwies sich als sehr Gewinn bringend. Nun war das Hotel nicht mehr nur in der gerade an der Ostsee sehr kurzen Saison ausgebucht.
Heute ist die Verbindung von Hotel, Gastronomie und großem Tagungszentrum bei Maritim fast obligatorisch. Konzerne und Verbände nutzen gern das Know-how, das die Hotelkette bei der Organisation von Kongressen angesammelt hat. Monika Gommolla schmunzelt, wenn sie von den Herausforderungen des Geschäfts berichtet. So ist es eine enorme logistische Leistung, mehreren tausend Menschen gleichzeitig ein warmes Essen zu servieren. Manchmal fordern die Wünsche der Veranstalter besondere Kreativität. Die Tankstellen-Kette BP etwa bestellte vor Jahren Dekoration und ein Fünf-Gänge-Menü ausschließlich in den Farben Gelb-Grün.
»Vier Sterne plus« - so beschreibt Gommolla den Standard der Maritim-Hotels. Die Verbindung mit Tagungen und Kongressen lockt ein vergleichsweise junges Publikum. Da geht es dann schon mal etwas geschäftiger zu als es einem typischen, nur seine Ruhe suchenden Fünf-Sterne-Hotelgänger vielleicht lieb wäre.
»Wir stellen zudem unser Licht lieber etwas unter den Scheffel«, schmunzelt Gommolla. In Zeiten, in denen Betriebe auch die Hotelbuchungen ihrer führenden Mitarbeiter argwöhnisch begutachten, zahlt sich das sogar ökonomisch aus.
Irgendwann im Verlauf des Abends kommt Monika Gommolla dann wieder auf die Ferienhotels zu sprechen, auf neue Angebote wie angeschlossene Golfplätze oder »All inclusive«. Sie kommt auch auf das »Maritim« in Bad Sassendorf zu sprechen. »Da können Sie wirklich mal ihre Seele baumeln lassen.« Als sie dies sagt, beginnen ihre Augen zu glänzen. Und man ahnt, dass es selbst für Monika Gommolla noch etwas anderes gibt als Arbeit.
Bernhard Hertlein

Artikel vom 18.06.2005