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Bauaufträge
nur gegen
Schmiergeld

Diplomingenieur steht vor Gericht

Von Jens Heinze
Bielefeld (WB). Schmiergeldzahlungen und Betrug unter anderem beim bundesweiten Bau von »Marktkauf«-Märkten versucht seit gestern die 1. Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtes aufzuklären. Angeklagt ist Klaus B. (54), Chef eines Bielefelder Ingenieurbüros.

Gestern zu Beginn des bis Ende dieses Monats terminierten Prozesses legte der 54-Jährige ein Teilgeständnis ab. Angeklagt von der Staatsanwaltschaft wegen 56 Fällen des Betruges und der Bestechlichkeit räumte Klaus B. ein, mit elf Handwerkerfirmen die so genannte »Drei-Prozent-Provisionsregelung« verabredet zu haben.
Die Betriebe aus den Heizungs-, Sanitär-, Luft-, Isolier- und Kühlungstechnik-Branchen sowie ein Unternehmen der Feuerlöschtechnik zahlten dem Ingenieur jeweils drei Prozent Schmiergeld aus erhaltenen Bauaufträgen. Im Gegenzug hatte der Angeklagte dafür gesorgt, dass Details bei der Vergabe von beschränkten Ausschreibungen an seine elf Partner flossen. Somit lagen die Unternehmen des Schmiergeld-Kartells jeweils unter den drei bis vier günstigsten Bietern. Erhielt das vom Bielefelder Ingenieur favorisierte Unternehmen den Zuschlag, waren drei Prozent »Provision« aus der Auftragssumme fällig. Nach den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft soll Klaus B. in der Zeit von Februar 1998 bis November 2002 knapp 500 000 Euro an Schmiergeldern kassiert haben.
Größter Auftraggeber und damit Hauptgeschädigter des Angeklagten war die Bielefelder Arbeitgemeinschaft der Verbraucher (AVA) und die ihr angeschlossene Marktkauf-Kette. Betrug am Bau soll es unter anderem bei den Bau- und Supermärkten in Brackwede, Sennestadt und Oldentrup gegeben haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist der AVA ein vorsichtig geschätzter Schaden von 740 000 Euro entstanden.
Klaus B. bestritt gestern vor Gericht jedoch, dass die von ihm kassierten knapp 500 000 Euro ausschließlich Provisionszahlungen gewesen seien. Zum Teil seien Leistungen seines Büros für das Geld erbracht worden. Mit dem Schmiergeld habe er sich nicht persönlich bereichert, sondern sein Unternehmen, dass seit 1997 keine Gewinne mehr erwirtschaftet habe, über »Wasser gehalten«.

Artikel vom 10.06.2005