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Bedrückt, melancholisch, skeptisch

Der »traurige« Komiker, Schauspieler und Regisseur Gene Wilder wird 70

Von Barbara Munker
Los Angeles (dpa). Er ist ein Komiker, der mit skurrilen Komödien wie »Frankenstein Junior«, »Is' was, Sheriff?« und »Die Glücksjäger« Millionen zum Lachen brachte. Dabei bekennt sich Gene Wilder offen zu seiner traurigen Seite.
Amerikanischer Schauspieler, Komiker und Regisseur: Gene Wilder.Foto: dpa

Als »bedrückt, melancholisch und skeptisch« sieht sich das amerikanische Multitalent, das morgen seinen 70. Geburtstag feiert. Das glaubt man dem Hollywood-Komiker mit der wirren Lockenmähne, den weit aufgerissenen Augen und fahrigen Gesten aufs Wort. Der Schauspieler und Regisseur, mit einer Vorliebe für »traurige Männer, die lustig sind«, hat schwere Schicksalsschläge erlebt. Der frühe Tod seiner Kollegin und dritten Ehefrau Gilda Radner, die 1989 mit 43 Jahren an Krebs starb, riss ihn in eine tiefe Krise. Vor fünf Jahren erkrankte er selbst an Lymphdrüsenkrebs, konnte die Krankheit aber mit Chemo- und Stammzellentherapie in den Griff bekommen.
Der 1935 im US-Staat Wisconsin geborene Sohn russischer Einwanderer debütierte auf der Leinwand in dem Gangsterdrama »Bonnie und Clyde« (1967) in der kleinen Rolle eines schüchternen Leichenbestatters. Nur durch Zufall war der aufstrebende Theater- Schauspieler, der unter dem berühmten Lee Strasberg sein Handwerk lernte, zum Film gekommen. Am Broadway stand er in »Mutter Courage und ihre Kinder« neben der jüngst verstorbenen Schauspielerin Anne Bancroft auf der Bühne. In der Musical-Satire »Frühling für Hitler« (1968) glänzte der Filmneuling als der neurotische Buchhalter Leo Bloom, was ihm eine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller einbrachte.
Mit Brooks schrieb er auch das Oscar-nominierte Drehbuch für »Frankenstein Junior«. Gleich vier mal stand er mit dem schwarzen Komiker Richard Pryor vor der Kamera, darunter in der Actionkomödie »Die Glücksjäger«.
Sein Regie-Talent stellte Wilder mit dem Hollywood-Remake der französischen Komödie »Ein Elefant irrt sich gewaltig« unter Beweis. In der US-Version »Die Frau in Rot« (1984) mimt Wilder selbst den liebestollen Ehemann, der einer mysteriösen Schönheit verfallen ist. Die Kabarettistin Gilda Radner, die er kurz zuvor heiratete, stand ihm dabei zur Seite. Seit ihrem Tod im Jahr 1989 setzt sich Wilder mit Vorträgen und einer Stiftung für die Krebs-Früherkennung ein. Schon in den 80er Jahren hatte sich Wilder aus Hollywood in den Ostküstenstaat Connecticut zurückgezogen, wo er heute mit seiner vierten Ehefrau lebt. Er malt, nimmt Tanzunterricht und spielt Tennis.

Artikel vom 10.06.2005