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Leitartikel
Macher und Mentalitäten

Politik -
welch ein
Geschäft


Von Rolf Dressler
Auf-, Aus- und Wiedereinsteiger gibt es im politischen Geschäftsleben wie im bürgerlichen Dasein. Kunterbunte Paradiesvögel und ellbogenstarke Karrieristen. Unauffällig arbeitsame Hinterbänkler und geltungssüchtige Talkshow-Dauer-»Talker«. Rechthaberische Ideologen und imponierend beschlagene Analytiker. Umfallerische Wendehälse und überzeugend Standfeste. So gut wie alles ist im Angebot, weil Menschen eben Menschen sind und bleiben. Unter jedweder Parteiflagge.
Dafür stehen - jeder auf seine Weise - auch zwei, die nichts gemein haben, außer dass sie wieder einmal Politik machen wollen: Oskar Lafontaine, der unverwüstliche Stehauf-König der Auf-, Aus- und Umsteiger und, ein paar Etagen darunter hier Ostwestfalen-Lippe, nun wieder ein alter Bekannter, der frühere Gütersloher Oberkreisdirektor und Polit-Wiedereinsteiger Günter Kozlowski.
Letzterer zuerst: Kaum hatte Kozlowski beim NRW-Urnengang am 22. Mai 2005 für die CDU mit satter Mehrheit den Kombi-Wahlkreis Gütersloh I/Bielefeld III geholt, da reichte er sein LandtagsDirektmandat schon wieder an das zunächst verdutzte, dann aber gründlich verärgerte Wählervolk zurück. Und zwar weniger mit einem nennenswerten Ausdruck des Bedauerns als mit dem Hinweis darauf, dass er sich diesem Ruf zu Höherem einfach nicht versagen könne. Im Karriere-Klartext: Der angehende NRW-Regierungschef Jürgen Rüttgers habe ihm das Amt eines Staatssekretärs in Düsseldorf angetragen.
In der dortigen CDU-Landtagsfraktion sitzt an Stelle Kozlowskis nun die Christdemokratin Regina van Dinther aus Hattingen an der Ruhr. Die CDU-Wählermehrheit im heimischen Wahlkreis Gütersloh I/ Bielefeld III guckt in die Röhre.
Merke: Verdruss an Politik und Politikern ist, wenn man fast nichts mehr glaubt, sondern fast jedem fast alles zutraut.
Dabei durften die Bürger doch gerade nach der historischen NRW-Umschwung-Wahl vom 22. Mai Genugtuung darüber empfinden, dass ihr Kreuzchen auf dem Wahlzettel eben doch bahnbrechende Wirkung zeitigen kann. Aber schon rüstet sich für die Deutschland-Wahlschlacht um Berlin ein völlig neues linkes bis ultralinkes Wahlbündnis, ungeniert angeführt von der PDS, der direkten Nachfolge-Partei der staatsverbrecherischen DDR-SED.
Unter dem Tarnschleier »demokratisch-sozialistisch« dient sich diese Truppe dem Publikum an. Ja, sie kann sogar darauf hoffen, womöglich als Zünglein an der Regierungswaage in den Bundestag einzuziehen.
Anders als beim »Kampf gegen rechts« ruft jedoch weit und breit niemand zu einem »Aufstand der Anständigen« (Gerhard Schröder) auf. Willy Brandt, die SPD-Legende, würde sich noch im Grabe umdrehen, müsste er mitansehen, wie skrupellos Oskar Lafontaine, ehemals Vorsitzender der stolzen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, sich selbst und die eigene politische Seele verkauft.
Politik - was für ein Geschäft.

Artikel vom 13.06.2005