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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Partner auf Zeit


Das Wort »Große Koalition« nimmt niemand in den Mund. Aber faktisch ist es eine. CDU, SPD, Grüne und Bürgergemeinschaft wollen gemeinsam das Etatproblem der Stadt lösen, dafür sorgen, dass 2006 wieder ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept aufgelegt werden kann. Das kündigten sie in dieser Woche an.
Es war dringend an der Zeit, dass die Parteien im Stadtparlament nicht länger in Regungslosigkeit verharrten. Seit der Kommunalwahl im Herbst 2004, die weder dem bürgerlichen noch dem rot-grünen Lager eine eindeutige Mehrheit bescherte, herrschte praktisch Stillstand in der Kommunalpolitik. Entschieden wurde nichst mehr.
Vielleicht waren die jünsgten Entwicklungen in Düsseldorf und Berlin Anlass für die Bielefelder Ratsfraktionen, die Chance für einen Neuanfang zu nutzen und auf ihre Kompromissfähigkeit zu setzen. Nach der Bundestagswahl im Herbst haben sie netto zwei Jahre Zeit, die Entscheidungen zu treffen, die das auf Grund gelaufene Rathausschiff wieder flott machen können. Auch auf die Verwaltung werden sie zählen können. Schließlich hat Oberbürgermeister Eberhard David mit seiner »Agenda für Bielefeld« ebenfalls Reformschritte angekündigt. Von 2008 an, da muss man sich nichts vormachen, wird wieder jeder für sich kämpfen, geht es dann doch daraum, welche Mehrheit die Stadt ins nächste Jahrzehnt führt - und wer den nächsten OB stellt.
Die Vorschlagsliste, die Grundlage für die Partner auf Zeit ist, erweckt allerdings noch nicht den Eindruck, als würde damit das Problem der klammen Kassen endgültig gelöst. Zwar sind weitere Personalkostenreduzierungen unumstritten, ist man sich darin einig, Doppelstrukturen abzubauen. Doch schon, wenn es um die Zukunft des Umweltbetriebes geht, gibt es in den Fraktionen unterschiedliche Auffassungen. Auch reicht ein neuer Anlauf beim Haushaltssicherungskonzept allein nicht aus. Selbst wenn 2010 Ausgaben und Einahmen wieder übereinstimmen sollten, wird sich bis dahin eine Summe von 400 Millionen Euro Altschulden aufgetürmt haben. Auch die wollen abgetragen sein.
Aber die »große Koalition« ist zum Erfolg verdammt. Gelingt es ihr nicht, das Ruder herumzureißen, hätte Politik in Bielefeld viel Glaubwürdigkeit verloren.

Artikel vom 11.06.2005