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Jäger tötet Hund und soll zahlen

Amtsgericht verurteilt Waidmann aus Stemwede zu 4000 Euro Geldstrafe

Von Christian Althoff
Stemwede (WB). Ein Jäger aus Stemwede (Kreis Minden-Lübbecke), der einen Border Collie erschossen hatte, ist vom Amtsgericht Minden wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz zu 100 Tagessätzen von je 40 Euro verurteilt worden. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, droht dem Mann der Verlust seines Jagdscheines.
Ein Border Collie wie dieser wurde erschossen, als er ein Reh durch den Wald gehetzt haben soll.

Der Jäger hatte im September vergangenen Jahres auf seinem Hochsitz im Heisterholz bei Petershagen gesessen, als er nach eigenen Angaben in etwa 100 Metern Entfernung einen Border Collie entdeckte, der ein Reh durchs dichte Unterholz hetzte. »Ich habe angelegt und auf den Hund geschossen«, sagte der Jäger. Der Border Collie habe umgehend von dem Reh abgelassen, aber sich noch geregt. »Da habe ich ihm den Fangschuss gegeben.«
Kurz darauf waren Karl und Renate H. aufgetaucht und hatten den toten Hund entdeckt. Das Mindener Ehepaar hatte Border Collie »Balthasar« erst sechs Monate zuvor aus dem Tierheim geholt und erstattete umgehend Strafanzeige gegen den Jäger. Die beiden argumentierten, der Hund habe kein Tier gejagt, und einen Leinenzwang habe es in dem betreffenden Gebiet auch nicht gegeben.
Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass der erste Schuss den Hund überhaupt nicht getroffen hatte, sondern »Balthasar« offenbar wegen des Knalls die Verfolgung des Rehs abgebrochen hatte. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld schickte dem Jäger daraufhin einen Strafbefehl über 70 Tagessätze, gegen den der Stemweder Einspruch einlegte. Deshalb kam es jetzt zum Prozess, in dem der Richter die Strafe auf 100 Tagessätze erhöhte. Nach Ansicht des Gerichtes war der erste Schuss notwendig, um den Hund vom Wildern abzuhalten. Für den zweiten Schuss habe es allerdings keine Rechtfertigung gegeben, da der Border Collie zu diesem Zeitpunkt bereits von dem Reh abgelassen habe. Den Einwand des Jägers, er sei davon ausgegangen, den Hund mit dem ersten Schuss verletzt zu haben, weshalb er ihm den Gnadenschuss gegeben habe, ließ der Richter nicht gelten.
Rechtsanwalt Alexander Alte nannte das Urteil skandalös und sagte, er werde Rechtsmittel einlegen. Sein Mandant habe nur getan, was aus seiner Sicht den einschlägigen Vorschriften entsprochen habe: »Er hat einen wildernden Hund gestoppt und ein weiteres Mal geschossen, weil er glaubte, ihn von seinen Leiden erlösen zu müssen.«
Für den Verurteilten steht viel auf dem Spiel: »Bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu mehr als 60 Tagessätzen ziehen wir die Waffenbesitzkarte ein«, sagte gestern ein Polizeisprecher. Nach Angaben des Landesjagdverbandes NRW sind Jäger gehalten, zunächst einen Warnschuss abzugeben, um wildernde Hunde zu stoppen. Ein gezielter Schuss sei »das letzte Mittel«, sagte ein Sprecher.

Artikel vom 09.06.2005