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Polizisten besuchen 6200 Hooligans

Zum Schutz der WM will Deutschland freien Grenzverkehr aufheben

Von Christian Althoff
Düsseldorf (WB). Zur Fußball-Weltmeisterschaft wird Deutschland voraussichtlich das Schengen-Abkommen außer Kraft setzen und nach elf Jahren wieder Kontrollstellen an den Außengrenzen einrichten.
Heute in einem Jahr beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland.

»Wir halten uns diese Option offen, um Hooligans die Einreise verwehren zu können«, bestätigte gestern Gaby Kautz, Sprecherin im Bundesinnenministerium. An den Grenzen werde dann »der Lage entsprechend« reagiert: »Wenn der BGS einen Fanbus stoppt, in dem die Beamten Schlagstöcke finden, ist die Fahrt für die Reisenden natürlich zu Ende«, sagte Kautz. Das Bundesinnenministerium werde außerdem in den kommenden Monaten darauf hinwirken, dass andere Staaten Hooligans erst gar nicht ausreisen lassen.
Wie viele Gewalttäter mit den 3,5 Millionen Besuchern aus dem Ausland einzureisen versuchen werden, will noch niemand abschätzen. Verlässliche Zahlen gibt es dagegen für Deutschland: Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass es bundesweit 9600 gewaltbereite Fans gibt. 6500 von ihnen zählen zur Kategorie B (sie begehen Straftaten, wenn sie alkoholisiert sind oder sich die Gelegenheit ergibt), 3100 gehören der Kategorie C an (sie trinken keinen Alkohol und suchen bewusst die Konfrontation).
Die Polizeien der Länder und des Bundes wollen Ausschreitungen mit einem Maßnahmenbündel begegnen, das bis zum »Hausarrest« und zur Ingewahrsamnahme gewaltbereiter Fans reicht. Eine wesentliche Rolle kommt dabei der »Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze« (ZIS) zu, die seit 1991 beim Landeskriminalamt (LKA) in Düsseldorf angesiedelt und bundesweit zuständig ist. Das LKA rechnet damit, dass in der ZIS zur Weltmeisterschaft 130 Beamte arbeiten werden: Polizisten aus den Bundesländern, Beamte des Bundesgrenzschutzes und des Bundeskriminalamtes sowie jeweils ein bis zwei Beamte aus den teilnehmenden 32 Nationen.
»In der ZIS laufen alle nur denkbaren Informationen zusammen, etwa über erwartete Ausschreitungen oder über die Routen, die von Fan-Bussen genommen werden«, sagte gestern LKA-Sprecher Wolfgang Beus. Diese Informationen würden dann an die Polizeibehörden vor Ort weitergegeben. Ausschreitungen hält die Polizei nämlich nicht nur an den Austragungsorten für möglich, sondern vor allem auch dort, wo Großbildleinwände stehen und die Zuschauer im Vorfeld nicht kontrolliert werden können.
Bereits Wochen vor der WM sollen die 6200 Personen, die in der bundesweiten Datei »Gewalttäter Sport« erfasst sind, von Polizisten zu Hause besucht und davor gewarnt werden, Straftaten zu begehen. Uneinsichtigen Fans könne auferlegt werden, sich während der WM regelmäßig bei der örtlichen Polizei zu melden, um so die Reise zu Spielorten zu verhindern, sagte LKA-Sprecher Beus. Außerdem könne die Polizei sogenannte Bereichsbetretungsverbote verhängen, mit denen Fans untersagt wäre, bestimmte Städte zu besuchen.

Artikel vom 09.06.2005