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Bielefelds Wahrzeichen ist ein Steinbruch

Sparrenburg weist starke Schäden auf - mit Sanierungsmaßnahmen wird 2005 begonnen

Von Burgit Hörttrich (Text)
und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). Die Sparrenburg, Bielefelds Wahrzeichen, weist so starke Schäden auf, dass umgehend »Erste Hilfe« geleistet werden muss. Das wird teuer.

Bereits im Februar 2004 brachen aus der nordöstlichen Bastionsmauer Steine aus neun Metern Höhe aus der Natursteinverblendung heraus, am Kiekstattrondell stürzten ein Jahr später Steinbrocken ab, und am Übergang zwischen Rondell und Nordwestwand, rutschten am 2. Juni weitere acht Quadratmeter Steinbrocken ab.
Grund, so Baudezernent Gregor Moss: »Wasser ist zwischen Mauer und Verblendschale eingedrungen, hat den Hohlraum ausgewaschen. Und starker Bewuchs sprengt die Steine ab.« Hinzu komme, dass bei der Verblendung der mittelalterlichen Mauer zwischen 1952 und 1961 keine Anker gesetzt wurden, um die beiden Mauerteile miteinander zu verbinden. Auch hinter der Verschalung von Scherpentiner und Südwestmauer, zwischen 1981 und 1996 mit einem Kostenaufwand von 5,64 Millionen D-Mark aufwändig saniert, fehlen die Anker.
Moss betont ausdrücklich: »Für Besucher der Burg bestehen keinerlei Gefahren. Auch die Veranstaltungen wie das Sparrenburgfest und das Benefiz-Konzert zu Gunsten der Theatersanierung können ohne Einschränkungen stattfinden.« Allerdings ist der Fußweg zwischen Marienrondell und Kiekstattrondell komplett gesperrt.
Die Sparrenburg wurde von 1240 bis 1250 errichtet, im 16. Jahrhundert vom italienischen Festungsbaumeister Alexander Pasqualini ausgebaut. 1775 traf Friedrich der Große die Anordnung, die Steine der Außenmauern abzutragen, um damit die 55er Kaserne an der Hans-Sachs-Straße zu bauen. Nachdem die Burg 1944 erheblich beschädigt wurde, begann in den 1950er Jahren der Wiederaufbau auch der Mauerverschalungen.
Moss macht sich keine Illusionen über eine schnelle Beseitigung aller Schäden. Das würde nach ersten Schätzungen 7,5 Millionen Euro kosten. Und: »Ich sehe noch keine Möglichkeiten für eine Förderung.« Zumal für die diversen Genehmigungen selbst die Europa-Bürokratie in Brüssel mit einbezogen werden muss, denn Burg und Sparrenberg sind von der EU zum FFH-gebiet (Fauna-Flora-Habitat) erklärt worden.
Deshalb solle »klein angefangen« werden, kündigt Wilhelm Tucholski von der städtischen Baubehörde an. 500 000 Euro weist der Wirtschaftsplan 2005 für die Sanierung der Sparrenburg aus. Damit soll auf der gesamten Burgfläche eine Drainage gelegt werden, um den Wasserabfluss in den Griff zu bekommen. Baubeginn - nach Einholung diverser Gutachten - wahrscheinlich im vierten Quartal 2005.
Als weitere Sanierungsschritte seien dann die Restaurierung von Kiekstatt-, Marien- und Schusterrondell und der dazwischen liegenden Mauern vorgesehen. Moss und Tucholski: »Die Rondelle sind unsere Sorgenkinder.« Zurzeit warnen am Fuße der Mauern bereits Schilder mit der Aufschrift: »Achtung, Steinschlag«. Danach sollen der Turm, der Risse aufweist, dann das Windmühlenrondell und die Kasematten saniert werden, als letztes Scherpentiner und Südwestmauer. Zuerst einmal müsse der dichte Bewuchs von wildem Wein und Efeu an den Rondellen entfernt werden, um die Schäden überhaupt ausmachen zu können.
Die Sanierung sei eine große Aufgabe, die Bielefeld allein »nicht beherrschen« könne, so der Dezernent. Auch, wenn die Kosten gewaltig erscheinen, so müsse die Stadt mit dem Kulturerbe verantwortungsvoll umgehen Gregor Moss: »Eigentlich erwarte ich ein Bekenntnis aller Bielefelder zu ihrer Burg.«

Artikel vom 09.06.2005