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Istanbul und die Musik

Dokumentarfilm »Crossing the Bridge« von Fatih Akin


Fatih Akin (31) empfand es nach dem Trubel um seinen preisgekrönten Film »Gegen die Wand« wie eine Flucht: Für seinen Dokumentarstreifen »Crossing the Bridge - The Sound of Istanbul« tauchte der 31-jährige Regisseur in die Musikszene der türkischen Metropole am Bosporus ein. »Es war gut, vier Monate abzuhauen und dazu noch an so etwas sehr Persönlichem zu arbeiten«, sagt der Hamburger. Seit langem faszinieren die Stadt an der Grenze zu Asien, in der Akins Mutter geboren wurde, und ihre lebhafte Musikszene den jungen Filmemacher, der selbst gern als DJ am Mischpult steht: »Istanbul inspiriert mich jedes Mal. Diese Mischung aus Kulturen, das bin ich auch.«
Entstanden ist ein kleiner Film, mit geringem Aufwand gedreht, aber interessant und vibrierend in der Vielfalt der Menschen und ihrer Musik. Gemeinsam mit Alexander Hacke, einem passionierten Sound-Sammler und Mitglied der deutschen Avantgarde-Band »Einstürzende Neubauten«, spürt Akin den Musiktrends in Istanbul nach. Der Westen, das ist auch hier Rock, Grunge, HipHop und Breakdance. Der faszinierende Schnellsprech-Rapper Ceza ist die türkische Antwort auf Public Enemy - freilich ohne deren Attitüden. »Wir haben damit nichts am Hut«, erklärt er. Aber eines ist ihm wichtig: »Zu wissen, wo du lebst, gibt dir Musik und Identität.«
Zweieinhalb Monate lang recherchierte Akin vor Ort, sechs Wochen drehte er, und mit 150 Stunden Material kehrte er nach Deutschland zurück. Eine ganz neue Herausforderung für den Regisseur von Filmen wie »Kurz und schmerzlos«, »Im Juli« und »Solino«: »Das war noch einmal eine völlig andere Erfahrung; während beim Spielfilm die Dreharbeiten schwieriger sind, ist es im Schnitt leichter, denn man hat die Geschichte im Kopf ja schon irgendwie fertig«, sagt Akin.
Fremd wirkt die Sprache der Sänger mit wüsten Haaren und wilden Koteletten. Ihre Musik klingt auch in westlichen Ohren manchmal schrill.

Artikel vom 09.06.2005