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Neue Rechtsform beschert
viele offene Fragen

Wenn der Umweltbetrieb »Anstalt öffentlichen Rechts« wird

Bielefeld (MiS). Wenn die Aufgaben des städtischen Umweltbetriebes (UWB) an eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) übertragen würden, hätte die Stadt kaum noch Einfluss auf Stadtreinigung, Stadtentwässerung oder die Grünunterhaltung. Zu diesem Fazit kommt eine Stellungnahme der Verwaltung zu dem Vorschlag von SPD und Grünen, dem UWB eine neue Rechtsform zu verpassen und auf diese Weise wirtschaftlicher zu machen.

In der Verwaltungsvorlage, die Joachim Berens, Leiter des Amtes für Finanzen, verantwortet, ist diese Auffassung allerdings sehr viel diplomatischer formuliert. Dort lautet die Schlussfolgerung: Wenn über eine Anstalt des öffentlichen Rechts nachgedacht werden solle, »bedarf es hierzu zunächst der Definition grundlegender Zielsetzungen, um sodann Konsequenzen und finanzielle Auswirkungen sorgfältig prüfen und darstellen zu können.«
Würden die Aufgaben komplett an eine »AöR« übertragen, könnte ein dort eingesetzter Verwaltungsrat unabhängig vom Stadtparlament Gebührensatzungen beschließen. Die Anstalt wäre auch für den Einzug der Entgelte verantwortlich. Eine Quersubventionierung der Grünunterhaltung, wie sie derzeit faktisch vorgenommen wird, wäre ohne weiteres nicht mehr möglich.
Hoch kompliziert wird es, würde das eingeleitete Verfahren zur Teilprivatisierung sofort eingestellt oder auf eine private Rechtsform für den UWB generell verzichtet. Dies hätte Nachzahlungen der Umsatzsteuer für die Jahre seit 1995 in Höhe von 16,9 Millionen Euro zur Folge. Nur 6,6 Millionen stehen aber für diesen Zweck in einer Rücklage bereit. Den Rest müsste der UWB finanzieren, und das wiederum könnte auch Einfluss auf künftige Gebührenberechnungen haben. Die Bürger müssten mit Steigerungen rechnen.
SPD und Grüne hatten auch wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes den Stopp des Teilprivatisierungsverfahrens gefordert. Das hat nach Ansicht der beiden Fraktionen zur Folge, dass ein UWB mit einem privaten Partner sich einer europaweiten Ausschreibung bei der Vergabe von Stadtreinigung oder Abwasserbeseitigung stellen müsste. Doch diese Entscheidung sei für das Verfahren in Bielefeld nicht von Bedeutung, urteilt die Verwaltung. Wegen eines weiteren anhängigen Verfahrens beim Europäischen Gerichtshofes empfiehlt er lediglich, die Teilprivatisierung zunächst ruhen zu lassen. Ein »rechtliches Erfordernis«, es zu beenden, sieht er nicht.
Die neue »Sparkoalition« aus CDU. SPD, Grünen und Bürgergemeinschaft hat sich inzwischen darauf verständigt, bis Oktober eine Grundsatzentscheidung zum UWB zu treffen. Oberbürgermeister Eberhard David (CDU) erwartet von den Fraktionen, eine klare Aussage, wohin es nun gehen soll.

Artikel vom 08.06.2005