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Spanien streitet über katalanische Kultur

Schwerpunkt bei der Frankfurter Buchmesse 2007

Von Hubert Kahl
Madrid (dpa). Die Frankfurter Buchmesse 2005 hat noch nicht begonnen, die von 2006 liegt noch in weiter Ferne, aber die Spanier streiten schon jetzt über die Buchmesse im Jahr 2007. In gut zwei Jahren wird die weltweit größte Literaturmesse die katalanische Kultur als Ehrengast empfangen.

Aber wer gehört zur katalanischen Kultur? Sind das nur die Autoren, die auf Katalanisch schreiben? Oder zählen auch die in Katalonien lebenden Literaten dazu, die sich in ihren Werken der spanischen Sprache bedienen?
Um diese Fragen streiten sich in Spanien keineswegs nur die Akademiker. In den Zwist hat sich längst auch die Politik eingeschaltet. Das Parlament von Katalonien beschloss mit den Stimmen der Linksparteien und der Nationalisten, dass in erster Linie katalanisch-sprachige Autoren auf der Frankfurter Buchmesse vertreten sein sollen. Die konservative Volkspartei (PP), die Verleger und die Madrider Presse reagierten mit Empörung. »Was ein Trampolin für die katalanischen Autoren sein sollte, droht nun zu einem Ausdruck von Borniertheit und Provinzialismus zu werden«, beklagte die Zeitung »El Mundo«. Katalonien, mit 6,8 Millionen Einwohnern Spaniens wirtschaftsstärkste Region, ist zweisprachig. Das Katalanische, eine eigenständige romanische Sprache, und das Spanische sind Amtssprachen.
Die Regionalhauptstadt Barcelona ist eine der wichtigsten Metropolen von Buchverlagen in der spanischsprachigen Welt. Allerdings erscheinen von den in Katalonien veröffentlichten Büchern nur 13 Prozent auf Katalanisch. Die großen Verlage wie die Planeta-Gruppe haben die großen Märkte in Spanien und Lateinamerika im Blick und geben dem Spanischen den Vorzug.
»Wenn nur die Autoren in Frankfurt vertreten sein werden, die ihre Werke auf Katalanisch veröffentlichen, wird Katalonien auf seine berühmtesten Literaten verzichten«, warnte das konservative Blatt »La Razón«. Als Beispiele nennt es Juan Marsé, Eduardo Mendoza, Juan Goytisolo oder den 2003 gestorbenen Manuel Vázquez Montalbán.
Demgegenüber beharrt der Autor Baltasar Porcel darauf: »Katalanische Literatur ist diejenige, die man auf Katalanisch schreibt.« Sein Kollege Lluís-Anton Baulenas meint: »Die spanischsprachigen Autoren haben genügend Foren, um auf sich aufmerksam zu machen. Sie sollten sich großzügig zeigen und uns Katalanischsprachigen nicht die Möglichkeit nehmen, in Frankfurt mal im Mittelpunkt zu stehen.«
Manche Literaten wollen allerdings von dem Streit nichts wissen. »Es ist eine Last, in Katalonien Schriftsteller zu sein«, meint Javier Cercas. »Man muss sich ständig rechtfertigen, weshalb man in der einen Sprache schreibt und nicht der anderen.«
Katalanisch wird nicht nur in Katalonien, sondern auch in der Region Valencia und auf den Balearen von etwa zehn Millionen Menschen gesprochen. Es war während der Franco-Diktatur (1939-1975) unterdrückt worden und ist heute die wichtigste Sprache in der Europäischen Union, die von Brüssel nicht als Amtssprache anerkannt wird.

Artikel vom 08.06.2005