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Amt schickt Hartz-Detektive

Clement: Missbrauch bekämpfen - Paderborn kündigt Hausbesuche an

Von Dirk Schröder
Bielefeld/Paderborn (WB). Im Kampf gegen Leistungsmissbrauch müssen auch in Ostwestfalen-Lippe die Empfänger von Arbeitslosengeld II künftig mit schärferen Kontrollen rechnen. Dies hat eine Umfrage bei den Arbeitsgemeinschaften (ARGE) zur Umsetzung der Hartz-IV-Reformen ergeben.

In Paderborn soll vom 1. Juli an ein Außendienst-Tandem bei Verdacht mit Hausbesuchen mögliche Missbrauchsfälle aufklären. Raymond Koch erklärte gestern, es habe einige Fälle gegeben, doch eine Statistik führe man noch nicht.
Auch Norbert Burmann, ARGE-Geschäftsführer in Herford, meinte, natürlich gebe es Mißbrauchsfälle, und bei entsprechenden Hinweisen mache man auch Hausbesuche. Einen ständigen Außendienst gebe es zur Zeit aber noch nicht. Burmann brach jedoch auch eine Lanze für die Empfänger von Arbeitslosengeld II: »Ich habe keine Hinweise auf Mißbrauch im großen Stil.«
Auch in Lippe soll der Außendienst künftig verstärkt werden, verwies die Vorsitzende ARGE-Geschäftsführerin Andrea Berger auf die Erfolge, die man schon bei der Sozialhilfe gemacht habe. Bisher sei man vornehmlich damit beschäftigt gewesen, die Anträge überhaupt zu bearbeiten. »Wir sind noch im Aufbau.«
Eine härtere Gangart und schärfere Kontrollen hatte zuvor Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) in einem Schreiben an die Arbeitsgemeinschaften und Job-Center gefordert. »Wenn wir in der Lage sein wollen, die erforderliche intensive Betreuung sicher zu stellen, muss solchem Leistungsmissbrauch entschieden entgegen getreten werden.«
Clement hat dabei insbesondere die sogenannten Bedarfsgemeinschaften im Auge. Er vermutet, dass viele eheähnliche Gemeinschaften sich nicht als Bedarfsgemeinschaft ausgeben. In diesem Fall ist der Partner des Empfängers von Arbeitslosengeld nicht zu Unterhaltungszahlungen verpflichtet.
Clement weist darauf hin, dass in Zeitschriften und im Internet regelrecht auf Missbrauchsmöglichkeiten hingewiesen werde.
Für die Kontrolleure wird es aber auch künftig schwierig sein, Beweise zu beschaffen. Erst am Montag hatte das Düsseldorfer Sozialgericht bei der Auslegung der Hartz-IV-Gesetze strenge Kriterien an das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft geknüpft. So reiche es nicht aus, wenn Kontrolleure bei einer Empfängerin von Arbeitslosengeld II in deren Wohnung ein Doppelbett, Herrenpflegeartikel und einen Herrn vorfinden. Eine unverbindliche Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft sei nicht eheähnlich, denn deren Partner seien nicht zu gegenseitigem Unterhalt verpflichtet, argumentierte das Gericht mit Hinweis auf das Bundesverfassungsgericht. Eheähnliche Gemeinschaften, so die Richter, könnten grundsätzlich nicht durch überraschende Hausbesuche samt Wohnungsdurchsuchungen ermittelt werden. Gegen derartige Methoden bestünden zudem rechtliche Bedenken. S. 4: Kommentar

Artikel vom 08.06.2005