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Tumulte vorm Gerichtsgebäude

Das Warten auf den Spruch der Geschworenen im Jackson-Prozess

Santa Maria (dpa). Noch kein Urteil im Missbrauchsprozess gegen Michael Jackson: Nach einer sechsstündigen Sitzung haben sich die Geschworenen im Gericht von Santa Maria ohne Ergebnis vertagt.

Über den Stand der Beratungen wurde nur wenig bekannt. Die zwölf Mitglieder der Jury setzten in der vergangenen Nacht ihre Bemühungen zur Urteilsfindung hinter geschlossenen Türen fort.
Vor dem Gerichtsgebäude löste Joe Jackson, der Vater des Sängers, mit einem überraschenden Besuch einen Medienwirbel aus. Hunderte Fans und Reporter bestürmten und verfolgten Jackson, der nach Angaben des Senders MSNBC verwirrt erschien. Er suche seinen Sohn, wurde der Vater zitiert. Michael Jackson hält sich während der Jury-Beratungen auf seiner Neverland-Ranch auf. Eine Sprecherin des Sängers gab später schlechte Kommunikation unter Familienmitgliedern als Grund für den Vorfall an.
Richter Rodney Melville soll auf den lautstarken Tumult verärgert reagiert haben, berichtete die »Los Angeles Times«. Nach dem Zwischenfall wurde sogar befürchtet, dass der Richter möglicherweise sein Angebot zurückzieht, die Urteilsverkündung live aus dem Gericht übertragen zu lassen. Während des Prozesses hatte Melville Kameras aus seinem Raum verbannt.
Ein weiterer Zwischenfall sorgte für Missstimmung vor Gericht. Die Geschworenen hatten sich bei ihren Beratungen mit einer Frage an den Richter gewandt.
Üblicherweise werden Jury-Anfragen bekannt gegeben, doch Richter Rodney Melville hüllte sich in Schweigen. Mehrere Medien haben nun die Veröffentlichung der Mitschriften vor Gericht beantragt.
Jackson muss erst wieder zur Verlesung des Urteils vor Gericht erscheinen. Gerüchte um einen neuerlichen Krankenhausbesuch des 46-jährigen Sängers wies seine Sprecherin zurück. Am Sonntag hatte sich der Popstar wegen durch Stress verstärkter Rückenschmerzen in einem Krankenhaus mehrere Stunden lang behandeln lassen.
Der schwarze Bürgerrechtler Jesse Jackson, ein Freund und Berater des Sängers, berichtete von »entsetzlichen Schmerzen«, die den Angeklagten plagen würden. Jesse Jackson warf der Anklage vor, »außergewöhnliche Anstrengungen« unternommen zu haben, um den Sänger »zu zerstören«. Er räumte ein, dass Jacksons Vorliebe für gemeinsame Übernachtungen mit Kindern »bizarr« ist, aber das mache ihn noch nicht zu einem Verbrecher.
Das Schicksal des Popstars liegt in der Hand von acht Frauen und vier Männern im Alter von 20 bis 79 Jahren. Sie müssen in jedem der zehn Anklagepunkte ein einstimmiges Urteil treffen. Der Popstar soll im Frühjahr 2003 einen 13-jährigen Jungen auf seiner Neverland-Ranch mehrfach sexuell belästigt, mit Alkohol gefügig gemacht und sein angebliches Opfer und dessen Familie dort festgehalten haben. Im Fall eines Schuldspruchs drohen Jackson bis zu 20 Jahre Haft. Im Bezirksgefängnis von Santa Barbara liefen schon die Vorbereitungen für die mögliche Einweisung Jacksons, sagte der frühere Gefängnisleiter.

Artikel vom 08.06.2005