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Viele Fragen
sind geblieben

ARD-Film über Jennifer Nitsch

ARD, 23.30 Uhr: »Judith Kemp« sollte der Pilotfilm zu einer ARD-Serie werden, doch es wurde der letzte Film der Hauptdarstellerin Jennifer Nitsch. Vor einem Jahr stürzte die Schauspielerin unter rätselhaften Umständen in den Tod. In ihrem Dokumentarfilm »Jennifer Nitsch - Tod einer Schauspielerin« versucht Birgit Kienzle, die Hintergründe aufzuhellen.
Jennifer Nitsch stürzte vor einem Jahr in den Tod.Foto: teutopress

Jennifer Nitsch war 37 Jahre alt und auf dem Höhepunkt ihrer Popularität, als sie am 13. Juni 2004 stark alkoholisiert aus dem Fenster ihrer Münchner Wohnung im vierten Stock auf die Straße stürzte. Sie war sofort tot. Ihre Karriere hatte 1988 in der ersten Staffel von »Forsthaus Falkenau« begonnen, als sie unvorbereitet für ein anderes Mädchen einsprang. Der Regisseur Herbert Ashley fragte damals: »Schafft die das überhaupt, die kleine Blonde?« Sie schaffte es.
60 Filmrollen und 16 Jahre später, an einem sommerlichen Tag, kletterte Jennifer Nitsch um 13 Uhr aus dem Fenster ihrer Wohnung in München-Schwabing auf das Dachgesims. Nach Berichten von Augenzeugen stürzte sie nach wenigen Schritten auf die Straße. Bis heute ist ungeklärt, ob ihr Sturz ein Unfall oder Selbstmord war. Angesichts des hohen Blutalkoholwerts von 3,1 Promille und der möglichen Einnahme von Schmerzmitteln, die die betäubende Wirkung weiter erhöht haben dürften, gilt ein Freitod jedoch als unwahrscheinlich.
Der Film, in dem Weggefährten von Jennifer Nitsch wie Mario Adorf und Dieter Wedel zu Wort kommen, geht auch der Frage nach, wie prominente Schauspieler mit dem wachsenden Erfolgsdruck fertig werden. So wurden etwa Marilyn Monroe, Romy Schneider und James Dean Opfer ihres eigenen Starruhms. Die Produzentin Regina Ziegler sagt über die Schauspielerin: »Jennifer Nitsch hat in der Liga der großen, der Stars, gespielt. Wir haben eine der Besten verloren.« Und der Regisseur Dieter Wedel: »Es war ihre Fähigkeit, das innere Wesen der Figur sichtbar zu machen. Eine große Präsenz auf der Leinwand und im Fernsehen. Etwas, was man nicht erklären kann.«
In einem ihrer letzten Interviews wurde Jennifer Nitsch nach einer Wunschliste von Rollen gefragt, was sie noch gerne spielen würde. »Ich würde gerne in einer Biografie spielen. Mich reizt jede Rolle mit einem krummen Lebensweg«, sagte sie. Ihre eigene Biografie, der Weg von der namenlosen Hilfskraft zum Star, steht im Zentrum der Dokumentation von Birgit Kienzle.

Artikel vom 08.06.2005