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Hofft auf ein positives Urteil im zweiten Anlauf: Jürgen Gewandt

Lokführer kämpft um
sein Schmerzensgeld

Prozess vor dem Landgericht am 16. Juni

Von Klaus-Peter Schillig
Bielefeld/Halle (WB). Das schwere Eisenbahnunglück vom 7. November 2002 an der Holtfelder Straße in Halle doch ein gerichtliches Nachspiel. Vor der zweiten Zivilkammer des Landgerichtes kämpft der damals schwer verletzte Lokführer Jürgen Gewandt aus Lämershagen am Donnerstag, 16. Juni, um sein Schmerzensgeld.

Mit seinem Triebwagen vom Typ Talent war Gewandt aus Dissen kommend in Richtung Haller Bahnhof unterwegs, als er gegen 7.20 Uhr in mehrere quer über der Schienenstrecke schwebende Betonträger krachte. Die lagen eigentlich auf einem Schwertransport, der unterwegs war zu einer Baustelle auf dem Storck-Gelände. Der aber war mit seiner tonnenschweren Last mitten auf den Schienen liegen geblieben.
Während die Passagiere des Zuges weitgehend mit dem Schrecken davon kamen, wurde Lokführer Jürgen Gewandt (44) im Führerhaus eingeklemmt und lebensgefährlich verletzt. Er leidet noch heute unter den Folgen des Unfalls, denn ihm musste noch im Zug ein Teil seines Fußes amputiert werden, außerdem erlitt er schwerste innere Verletzungen.
Kollegen von der Deutschen Bahn sicherten alle erdenkliche Hilfestellung zu, gaben der Familie aber einen entscheidenden falschen Rat: nämlich auf juristischen Beistand vorerst zu verzichten. So kam Rechtsanwalt Jürgen Neumann-Domnick aus Schloß Holte-Stukenbrock zu spät ins Spiel, um bei einem möglichen Strafprozess noch als Nebenkläger auftreten zu können. Ihm waren deshalb auch die Hände gebunden, bedauert er noch heute, als vor dem Amtsgericht Halle am 10. Dezember 2003 das Verfahren vorläufig eingestellt worden ist. Der 25-jährige Fahrer des Schwertransportes muss lediglich eine Geldbuße von 2500 Euro zahlen.
Ein Urteil wäre für die Schmerzensgeldansprüche von Jürgen Gewandt hilfreicher gewesen, bekennt sein Anwalt. Er ist aber dennoch überzeugt, die zweite Zivilkammer des Landgerichtes Bielefeld von der Schuld des Lkw-Fahrers überzeugen zu können. Er hat dafür vier Zeugen aufgeboten, die über die Situation am Bahnübergang und die Sichtverhältnisse kurz vor und während der Unfallzeit Auskunft geben sollen. Die gegnerische Versicherung hat zwei Monteure benannt, die bezeugen sollen, dass sie den Schaden am Schwertransport rechtzeitig behoben hatten, der Lkw also fahrbereit war.
Neumann-Domnick erhebt in diesem Zusammenhang Vorwürfe gegen seine Kollegen von der Gegenseite: »Es ist schon erstaunlich, was Juristen aus so einem Fall machen können«, bedauert der Gewandt-Anwalt. Alle Welt werde für das Unglück verantwortlich gemacht, nur nicht der Lkw-Fahrer selbst. Dabei seien die Regelungen im Paragraph 19 der Straßenverkehrsordnung eindeutig. Darin geht es um den Vorrang des Schienenverkehrs.

Artikel vom 07.06.2005