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Leitartikel
Koalitionsverhandlungen

Rüttgers,
alles fest
im Griff


Von Reinhard Brockmann
Nur zwei Tage statt einer Woche hat Jürgen Rüttgers den Erdrutsch-Sieg vom 22. Mai gefeiert. »Wir wollen die Koalitionsverhandlungen zügig führen«, versprach er - und bis zur Stunde hat er das auch eingehalten.
Der CDU-Landesvorsitzende, bisherige Fraktionschef und künftige Ministerpräsident ist in diesen Tagen der starke Mann von Düsseldorf. Alle Fäden laufen bei ihm zusammen. Disziplin in Fraktion, Landespartei und auch seitens des Partners FDP spiegeln seinen Führungsstil.
Während die Grünen den Sozis damit drohen, »mehr aus dem Nähkästchen« zu plaudern, weil die ihrerseits Sündenböcke suchen, läuft bei Schwarz-Gelb alles wie geschmiert.
Nach jeder Verhandlungsrunde vernehmen wir weder Streit noch Zank, stets verlautet ein Ergebnis, das vorher schon im Wahlkampf versprochen worden war. Auch sind die durchaus vorhandenen Konfliktfelder (Lehrerzahlen, Steinkohlemengen und Verwaltungsstrukturen) bislang nicht strittig aufgeladen und schon gar nicht heißgelaufen.
Personalfragen, die höchste Disziplin koalitionärer Händel, bleiben gleichfalls sorgsam unter der Decke. Das erspart Rüttgers mögliche Wadenbeißerei der Zu-Kurz-Gekommenen.
Allein die Ankündigung, Günter Kozlowski aus dem Kreis Gütersloh werde Staatssekretär, hat die CDU-Führung vorzeitig »herausgelassen«. Der Fall zeigt, dass das Wort des Chefs gilt. Nur er kann einen Abgeordneten bitten, das glücklich errungene Mandat sofort wieder niederzulegen. Und der in der Region bestens bekannte, in Düsseldorf aber ohne eigene Truppen dastehende Kozlowski kann seinerseits auf Rüttgers bauen, dass er in gut zwei Wochen auch tatsächlich zum Zuge kommt. Zwei Mann, ein Wort.
In der rot-grünen Koalition waren solche Absprachen ohne Rückversicherung undenkbar.
Das Manöver hat einen weiteren Hintergrund. Es erlaubt Rüttgers zugleich ein Signal an die Frauen und an das Ruhrgebiet (bisher 20, jetzt drei Abgeordnete) zu senden. Regina van Dinther, Landesvorsitzende der Frauen-Union und im CDU-Bundesvorstand, drohte am Erfolg ihrer Partei zu scheitern. Weil die Union alle Direktmandate gewann, blieb sie ebenso auf der Strecke wie eine Reihe weiterer Prominenter von der Ruhr. Jetzt ist für sie der Weg frei zur Landtagspräsidentin.
Zugleich ist die Position »Frauen- und Gesundheitsministerin« wieder zu vergeben, und es bleiben ausreichend Minister- wie Staatssekretärsposten für drei weitere Promis aus dem Revier frei: 1. Oliver Wittke, einst jüngster Oberbürgermeister in Gelsenkirchen und gelernter Stadtplaner; 2. Lothar Heggemann aus Recklinghausen und Schatzmeister; 3. Helmut Diegel aus Hagen, seit 1995 Haushaltspolitischer Sprecher. Bereits gesetzt sind Christa Thoben, Helmut Linssen und Karl-Josef Laumann. Die FDP wird bestimmt mit Ingo Wolf (Inneres) und sehr wahrscheinlich mit Marianne Thomann-Stahl am Kabinettstisch vertreten sein.

Artikel vom 07.06.2005