09.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Waske putzt den Wunderknaben

Sensation in der ersten Runde: Nadal ist raus - Abreise nach Mallorca

Von Hans Peter Tipp
Halle (WB). Tänzelnd wie zwei Boxer vor dem ersten Gong standen sie sich bei der Seitenwahl gegenüber. 1:51 Stunde später ging der Favorit zu Boden, und der Außenseiter triumphierte. Alexander Waske hatte den Frech Open-Gewinner Rafael Nadal beim den 13. Gerry Weber Open bereits in der ersten Runde rausgeworfen.

Exakt um 16.42 Uhr hatten die 13. Gerry Weber Open gestern ihre erste große Sensation: Mit 4:6, 7:5, 6:4 beendete der Frankfurter in 1:51 Stunde die Erfolgsserie des 19 Jahre alten Spaniers und stoppte damit auch dessen Angriff aus den Weltranglisten-Ersten Roger Federer. Für Nadal war es die erste Niederlage nach 24 Siegen in Folge, für Waske der größte Sieg seiner Einzelkarriere.
Enttäuscht, aber gefasst kommentierte der nach seinen Sandplatztriumphen bereits als Tennis-Wunderknabe bezeichnete Spanier seine Niederlage: »Er hat gut serviert, und ich habe hier auf Rasen mich nicht innerhalb eines Tages umstellen können Im dritten Satz habe ich richtig schlecht gespielt.« Waske genoss die Begeisterung der Zuschauer: »Es ist ganz gut, dass ich heute mal einen Tag hatte, an dem ich den Leuten viel Freude bereiten konnte.«
Modisch setzte zunächst Nadal die Akzente: In leuchtend-grünem Muskelshirt und weißer Sieben-Achtel-Hose stellte er Waske in den Schatten. Der Deutsche war in den Farben der Fußball-Nationalmannschaft gekommen: schwarze Hose, weißes Shirt. Bis zum 4:4 im zweiten Satz blieb die mit Spannung erwartete Auseinandersetzung auf den Centre Court blass.
Nadal hatte seinen Gegner scheinbar spielerisch im Griff, brauchte für den ersten Satz (6:4) nur frühen Break und 32 Minuten. Bis zum 5:5-Gleichstand im zweiten Durchgang sah vermutlich nur Waske die Chance, die Partie zu drehen. Er hatte vor lauter Verärgerung über seinen schwachen Auftritt seinen Schläger an den eigenen Schuhen zerdeppert, und mit dem neuen Spielgerät kehrte auch die Zuversicht zurück.
Auffällig war allerdings, dass Nadal nicht so mitfieberte wie bei seinen Erfolgen in Paris. Hin und wieder ein »vamos« zur Selbstanfeuerung, dann doch eine geballte Faust, aber so richtig »im Spiel« war der Spanier nicht. Zunehmend bestimmte Waskes Aufschlag das Duell. Und der Frankfurter schlug eiskalt zu, als sich eine Chance bot. Das Break zum 5:4 war bereits vorentscheidend.
Nur einen kleinen Zittermoment gab es noch. Beim 40:15 und zwei Matchbällen drosch Waske drei Aufschläge in Folge ins Netz. In der Not erinnerte er sich an einen Rat seines Trainers: »Hau voll drauf.« Der 30-Jährige hämmerte die nächsten Spieleröffnung mit Wucht über das Netz. Den anschließenden Volley drückte er beherzt zum Sieg ins Feld.
Waske trifft heute wieder auf einen French Open-Gewinner. Aber auch gegen Juan-Carlos Ferrero will Waske für Furore sorgen. »Er ist sicherlich kein Roger Federer auf Gras, aber trotzdem ein verdammt guter Spieler. Ich werde so ins Spiel gehen wie heute und hoffe, dass ich den ersten Satz glücklicher gestalten kann.«
Während Waske an die nächsten Großtaten dachte, flog Rafael Nadal in seine Heimat Mallorca. »Ich werde zwei, drei Tage Pause machen und mich dann auf Wimbledon vorbereiten«, meinte der kommende Tennis-Star, der seine Rasenreife noch nachweisen muss.

Artikel vom 09.06.2005