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Alle wollen Hambüchen

Manager fordert »Vorfahrt« nach dem EM-Triumph

Berlin (dpa). Die Telefone liefen heiß. Manager Klaus Kärcher wusste kaum noch, wo ihm der Kopf steht: Der Gewinn des Europameistertitels durch Fabian Hambüchen hat in Deutschland ein Medien-Gerangel um den Jungstar ausgelöst.

»40 Interview-Anfragen in den letzten Stunden und fast alle Interessenten müssen wir vertrösten, denn für Fabian hat jetzt wieder die Schule Vorrang«, meinte Kärcher. Er deutete aber an, dass der jüngste Reck-Europameister der Turn-Geschichte sowohl bei »Stern-TV« als auch im »Aktuellen Sportstudio« nicht »Nein« sagen werde. »In beiden Fällen kommt er ohne Schulausfall hin«, sagte der Manager.
Seit gestern schwitzt der neue Reck-König schon wieder über den Schulbüchern, um sich auf die Klausuren vorzubereiten, die er wegen der dreiwöchigen EM-Vorbereitung versäumt hatte. Bereits im Vorfeld hatte sich das »Vitesse«-Management schützend vor Hambüchen gestellt und dutzende Anfragen beim Deutschen Turnfest abgelehnt. »Der EM-Titel ist doch wohl mehr wert als 15 Fernseh-Interviews«, ist Kärcher von der Richtigkeit seines eingeschlagenen Weges überzeugt.
Zugleich fordert der Manager eine professionellere Arbeit des Deutschen Turner-Bundes (DTB) mit seinen Stars. »Es muss künftig eine Vorfahrtsregelung für Top-Athleten geben. So darf es doch nicht sein, dass 40 bis 50 Kinder in der Sporthalle herumwuseln, wenn Fabian in Niedergirmes am Reck trainiert. Das ist doch lebensgefährlich. Wir müssen es zudem schaffen, dass Wolfgang Hambüchen seinen Schützling noch öfter bei Wettkämpfen begleitet«, fordert der Manager. Auch beim Weltcup in Stuttgart müssten die Profis mehr in den Mittelpunkt rücken. »Es ist doch lächerlich, wenn da die Hausfrauen-Gymnastik im Vorprogramm des Weltklassesports läuft«, beklagte sich Kärcher.
»Hambüchen kann das werden, was Jan Ullrich im Radsport ist oder Boris Becker im Tennis war«, griff Kärcher nach Superlativen. »Im deutschen Sommersport gibt es nicht mehr viele, die solche Potenzen haben wie Fabian«, meinte der Schwabe und denkt natürlich in erster Linie auch an die Vermarktungschancen.
Zwei leistungsbezogene Vierjahres-Verträge (Henkel, Lancia) hat er ihm bereits verschafft, Hambüchen ist damit der einzige deutsche Turner mit Individual-Sponsoren.

Artikel vom 08.06.2005