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Erschlichene
TV-Werbezeit

Nicht nur im Unterhaltungs-Bereich

Hamburg (dpa). Schleichwerbung im Fernsehen soll nach einem Bericht des »Spiegels« nicht auf den Bereich Unterhaltung wie bei der ARD-Serie »Marienhof« beschränkt sein, sondern auch journalistische Sendungen betreffen.

Vor allem die Pharmaindustrie erkaufe sich redaktionelle Präsenz, berichtet das Hamburger Nachrichtenmagazin in seiner heutigen Ausgabe. So habe eine Gütersloher Kommunikationsagentur einem Pharmakonzern redaktionelle Beiträge in einem »Ratgeberformat auf n-tv« angeboten, über den Tag verteilt an prominenten Sendeplätzen.
Aus Dokumenten, die dem »Spiegel« nach eigenen Angaben vorliegen, gehe hervor, dass die Produktions- und Ausstrahlungskosten zwischen 245 und 700 Euro pro Minute betragen sollen. »Auf Anfrage komme ich sehr leicht an solche Angebote«, wurde ein Manager des Pharmakonzerns zitiert. Die Namen des Mitarbeiters und des Konzerns wurden nicht genannt. Ein n-tv-Sprecher sagte dem »Spiegel«: »Es gibt immer wieder Agenturen, die ohne unser Wissen und nicht in unserem Auftrag der Industrie solche Angebote machen.«
Die vor wenigen Tagen bekannt gewordene Schleichwerbung in der ARD-Serie »Marienhof« bezeichnete WDR-Intendant und Bavaria-Film-Aufsichtsrat Fritz Pleitgen als schwerwiegendsten Vorfall seiner Amtszeit. Die in Auftrag gegebene Sonderprüfung bei der Produktionsfirma Bavaria durch die Wirtschaftsprüfer der KPMG werde in etwa einem Monat abgeschlossen sein. »Dann werden Konsequenzen gezogen. Da wird nichts in Watte gepackt«, sagte Pleitgen. WDR, SWR und MDR halten - zum Teil über Töchter - zusammen 66,66 Prozent Anteile an der Bavaria.
Nach Auffassung von Pleitgen ist die ARD Opfer geworden. »Es ist ein Fall Bavaria, an der neben drei ARD-Anstalten indirekt auch der Freistaat Bayern beteiligt ist.« Es müsse herausgefunden werden, wer von den Verantwortlichen was wann gewusst habe. Pleitgen verwies erneut darauf, dass Schleichwerbung in der ARD nicht erlaubt sei, »und sie schreibt das auch in die Produktionsverträge rein. Wir sind offenbar hinters Licht geführt worden.«
Bei zwei Bavaria-Produktionen war es nach Presse-Berichten zu verbotener Schleichwerbung gekommen. In den Serien »Marienhof« und »In aller Freundschaft«, hergestellt von der Bavaria- Tochter Saxonia, hatten danach unterschiedliche Unternehmen über eine Vermittlungsagentur ihre Produkte gegen Entgelt platzieren können.

Artikel vom 06.06.2005