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Schröder/Chirac diesmal ohne Blair

Türkei erinnert an Verpflichtungen

Berlin (dpa). Deutschland und Frankreich wollen auch nach dem Nein der Franzosen und Niederländer zur EU-Verfassung gemeinsam Kurs halten.Premier Tony Blair besteht auf Briten-Rabatt.
Kanzler Gerhard Schröder und Staatspräsident Jacques Chirac plädierten dafür, die nationalen Abstimmungen über die EU-Verfassung fortzusetzen. Großbritannien wird das für Frühjahr 2006 geplante Referendum jedoch möglicherweise noch vor dem EU-Gipfel am 16. und 17. Juni in Brüssel absagen. Der britische Außenminister Jack Straw kündigte für heute eine Stellungnahme der Regierung zur EU-Verfassung im Unterhaus an. Nach übereinstimmenden Presseberichten will er dort mitteilen, dass Großbritannien seine Volksabstimmung über die EU-Verfassung erst einmal auf Eis legt, indem die dafür notwendige Gesetzgebung gestoppt wird.
Bei dem Gespräch Schröders mit Chirac nahm das Tauziehen um die künftigen Finanzen der EU breiten Raum ein. Der Haushalt bis zum Jahr 2013 soll auf dem Brüsseler Gipfel beschlossen werden. Deutschland sei bereit, sich in dieser Frage zu bewegen, bekräftigte der deutsche Regierungssprecher Béla Anda. Man erwarte dies aber auch von anderen Ländern, sagte er mit Blick auf die Erwartungen an Großbritannien, auf den bisherigen Rabatt bei EU-Einzahlungen zu verzichten.
Vier Monate vor Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen warnte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan davor, vom Ziel einer Vollmitgliedschaft der Türkei abzurücken. »Das Ziel der Türkei ist eine Vollmitgliedschaft in der EU. Wir sind nicht bereit, irgendetwas anderes zu akzeptieren«, sagte er. Eine »privilegierte Partnerschaft«, wie sie die CDU/CSU fordert, verstoße »gegen Verpflichtungen, die die EU gegenüber der Türkei eingegangen ist«.
Erdogan attackierte CDU und CSU scharf. Mit ihren Vorschlägen setzten sie »die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU aufs Spiel«. CDU-Chefin Angela Merkel bekräftigte ihre negative Haltung: »Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, deren Außengrenzen an Irak, Iran und Syrien liegen, überfordert viele Bürger Europas.«

Artikel vom 06.06.2005