11.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Wir sind doch nicht die Messepolizei«

Heute im Gespräch: Thomas Hagen (Detmold), Vorsitzender des Messeausschusses AUMA

Detmold (WB). 9,6 Millionen Menschen, 1,4 Prozent weniger als im Vorjahr, haben 2004 die 154 überregionalen Messen in Deutschland besucht. Der Umsatz der Messegesellschaften blieb mit 2,5 Milliarden Euro konstant. Immer öfter machen sie sich allerdings untereinander Konkurrenz. Bernhard Hertlein sprach mit Thomas Hagen, dem Chef der Detmolder Weidmüller-Gruppe und Vorsitzenden des Ausstellungs- und Messe-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (AUMA).
Thomas Hagen -Êhier am Weidmüller-Stand auf der Hannovermesse -Êist seit Juli 2004 Vorsitzender des Messe-Ausschusses AUMA. Weidmüller selbst beteiligt sich jährlich an 60 Messen. Foto: Stefan Hörttrich

Im vergangenen Jahr mussten die deutschen Messegesellschaften zum vierten Mal in Folge Rückgänge bei Ausstellern und Besuchern verbuchen. Kommt 2005 die Wende?Hagen: Lassen Sie mich das in Teilen korrigieren. Was nämlich die ausländischen Aussteller und Besucher betrifft, so steigen die Zahlen schon seit 2004 wieder an. Das setzt sich 2005 fort. Im Inland wird die Wende dann eintreten, wenn die Konjunktur endlich anzieht. Fünf der zehn weltgrößten Branchenmessen finden in Deutschland statt. Seit einiger Zeit entwickeln sie sich sogar zum Exportschlager.

. . . und machen damit den deutschen Messen Konkurrenz.Hagen: Nein, die Auslandsmessen deutscher Veranstalter sind -Êauch für deutsche Aussteller -Êeine wichtige Ergänzung der heimischen Messen.

Aber geht dies nicht zu Lasten der deutschen Messeveranstalter?Hagen: Wettbewerb ist normal -Êund gut. Unter dem starken Konkurrenzdruck haben deutsche Messegesellschaften Service und Infrastruktur in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Geboten werden heute »Rund-um-Sorglos-Pakete« -Êso, wie es sich viele Hersteller wünschen. Außerdem, auch das spricht für den Standort Deutschland, zahlen Aussteller hierzulande die niedrigsten Quadratmeterpreise.

Von Stuttgart über Köln, Hamburg und München bis zu Regionalmessen wie Bad Salzuflen investieren viele Messen zur gleichen Zeit große Summen in Neubauten und Erweiterungen. Ist das volkswirtschaftlich sinnvoll?Hagen: Jedes der genannten Projekte ist gut begründet. Am Stuttgarter Killesberg beispielsweise reichen die Kapazitäten schon lange nicht mehr für die Bedürfnisse einer wirtschaftlich so wichtigen Region und Landeshauptstadt. Im Übrigen werden etwaige Auswächse schon vom Markt korrigiert werden.

Allerdings fließt in diese Ausbauten eine Menge Staatsgeld von uns Steuerzahlern.Hagen: Es ist meistens gut angelegt. In vielen Branchen brauchen die Leitmessen einen Unterbau mittlerer und kleiner Messen. Außerdem gibt es feste Messeplätze für bestimmte Branchen, die man nicht einfach auf andere Städte verschieben kann: Die Grüne Woche gehört einfach zu Berlin, die Automobilmesse zu Frankfurt, die Möbelmesse nach Köln, die Spielwarenmesse nach Nürnberg.

Und trotzdem häufen sich die Versuche, etablierte Messen rauszukegeln. München konkurriert mit Hannover bei der Industrieautomatisierung, Leipzig mit Frankfurt bei den Büchern, Berlin mit Düsseldorf in Sachen Mode. Gefährdet das die Stellung Deutschlands als führender Standort internationaler Leitmessen?Hagen: Stillstand wäre schlimmer. Alle Beteiligten sind über 18 Jahre alt und wissen, was sie tun. Und wenn sie es nicht wissen sollten: Der AUMA bietet einen »Nutzencheck«, mit dem Aussteller die Effizienz ihrer Messebeteiligungen überprüfen können. Am Ende entscheidet immer noch der Kunde, der - einzigartig im Wirtschaftsleben - bei der Messe Teil des Produkts ist. Der AUMA will nicht die Messepolizei sein.

Der Endkunde orientiert sich immer mehr im Internet.Hagen: Ebay und ähnliche Angebote sind eine Zeiterscheinung, die ihren Höhepunkt wohl bald erreicht hat. Warum gehen die Leute sonst schon wieder in größerer Zahl auf die Flohmärkte? Sie lieben eben das Erlebnis, die Basar-Atmosphäre. Ich glaube, dass auch die Kaufhäuser eine Renaissance erleben werden. Das Internet kann niemals den persönlichen Kontakt, die Emotionen sowie die Fachgespräche auf und am Rande einer Messe ersetzen.
www.auma-messen.de

Artikel vom 11.06.2005