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Ellen Schwiers: Mit 75 Jahren noch ausgebucht

Schauspielerin und Regisseurin hat Samstag Geburtstag

München (dpa). Seit nahezu 60 Jahren ist Ellen Schwiers im »Geschäft«, und ein Ende ist nicht in Sicht. »Ich bin einfach aktiv«, sagt die Schauspielerin, die Samstag ihren 75 Geburtstag feiern wird. Noch vor fünf Jahren zog sie als »Mutter Courage« in Bert Brechts »Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg« mit ihrem Tourneetheater durch die Lande. Das nächste Theaterprojekt steht für den Herbst an.
Ellen Schwiers feiert am Samstag ihren 75. Geburtstag. Foto: dpa

»Auch wenn ich in sehr vielen Filmen und in Fernsehproduktionen mitgespielt habe: Mein Herz als Schauspielerin schlug immer für das Theater«, sagt die Künstlerin, die ihr Handwerk von der Pike auf bei ihrem Vater in seiner »Marburger Schauspielgruppe« gelernt hat. »Eigentlich sollte ich hinterm Ofen sitzen, die Beine ausstrecken und in meinen wunderschönen Garten schauen.. . .«
Die Darstellerin großer Frauenrollen steht immer wieder vor der Fernsehkamera, zuletzt in den TV-Filmen »Mein Vater - mein Sohn«, »Lockruf der Vergangenheit« oder »Mord am Meer«. Auch im »Tatort« und in Serien wie »Hallo Robbie« oder »Der kleine Mönch« ist ihre Schauspielkunst gefragt. Gemeinsam mit ihrer Tochter Katerina Jacob (»Der Bulle von Tölz«) hatte sie vor »Mutter Courage und ihre Kinder« Jean Anouilhs »Medea« gespielt und war mit Shakespeares »Was ihr wollt« unterwegs.
»Ich habe keinen besonderen Ehrgeiz mehr als Schauspielerin, sondern arbeite lieber als Regisseurin«, straft sich die »Vollblut- Schauspielerin« selbst Lügen, die auch als künstlerische Leiterin der Burgfestspiele in Jagsthausen jahrelang mit großem Erfolg agierte. Das erste Bühnenengagement erhielt sie 1949 in Koblenz, 1955 wurde sie für den zweiten Teil des Films »08/15« engagiert. In der Folgezeit drehte Ellen Schwiers mehr als 50 Spielfilme, darunter Leinwandhits wie »Anastasia, die letzte Zarentochter«, »Tierarzt Dr. Vlimmen«, »Aus dem Tagebuch eines Frauenarztes«, »Das Erbe von Björndal«, »Der Mann im Schatten« und »Fedora«.
Neben der Filmarbeit blieb die Künstlerin aber immer auch der Bühne treu. Das Schauspielhaus Zürich, das Theater der Stadt Essen und die Festspiele in Salzburg, Jagsthausen und Feuchtwangen waren Stationen ihrer Karriere. Vor allem die Salzburger Festspiele, wo sie 1961/62 die Buhlschaft in Hugo von Hofmannsthals »Jedermann« spielte, sind ihr noch lebhaft in Erinnerung. »Für eine deutsche Schauspielerin war es eine Auszeichnung, in Salzburg auftreten zu dürfen. Leider war die Regie von Gottfried Reinhardt zu modern, so dass die Inszenierung nach zwei Jahren abgesetzt wurde.«
Die vielseitige Künstlerin begann ihre Regie-Karriere 1972 mit einer Inszenierung von Shakespeares »Was ihr wollt« in eigener Übersetzung und Bearbeitung bei den Burgfestspielen in Jagsthausen. Im Sommer 1984 übernahm sie die Intendanz dieses renommierten Festivals. Für ihren 1985 an Krebs gestorbenen Sohn Daniel Jacob stiftete sie einen Förderpreis für junge Schauspieler. Gemeinsam mit ihrem vor acht Jahren gestorbenen Mann, dem Produzenten Peter Jacob, gründete sie 1982 ein Tournee-Theater. Wenn sie nicht vor der Kamera oder auf der Bühne steht, genießt die in Stettin geborene Mimin ihre bayerische Wahlheimat am Starnberger See. »Doch das ist sehr selten.«

Artikel vom 06.06.2005