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Der Pfeffer-Liebhaber

Roger Federer und die Lust der Beste zu sein

Von Oliver Kreth
Halle (WB). Der Mann ist zwar erst 23, aber als Weltranglisten-Erster kennt Roger Federer schon länger das Gefühl, der Gejagte zu sein. Unangenehm ist ihm das nicht. »Für mich ist es keine Last im Fokus zu stehen, so lange es gut für das Tennis ist«, bekennt der Schweizer.

Und der neuen Welle noch jüngerer Spieler, die ihn nun von seinem Thron zu spülen droht, begegnet er gelassen und schmunzelnd: »Ich bin ja auch noch jung. Wenigstens ist jetzt Pfeffer drin.«
Vor allem Rafael Nadal rüttelt an Federers Vorherrschaft (in Halle kann er Court-König werden). Gegen den Mallorquiner verlor der Schweizer Wimbledonsieger im Halbfinale von Paris. Dennoch war der Mann aus Oberwil mit seinem Paris-Auftritt zufrieden: »Immerhin stand ich im Semifinale. So gut war ich in Roland Garros noch nie.« Und er zollt seinem Gegner Respekt: »Mit seinem druckvollen Spiel hat er mich gezwungen, mehr zu riskieren.« Dazu kam die Vorhand und der erste Aufschlag nicht wie gewohnt, und die Niederlage war in vier Sätzen perfekt.
Mit der der 1,85-Meter-Mann aber umgehen kann, schließlich »war das ja nicht meine erste. Ich ziehe immer die positiven Aspekte aus so einem Match. Nur das bringt einen ja als Spieler nach vorne.« Deshalb ist »Alles Roger« auch gespannt, wie der Mann aus Manacor sich in den nächsten Jahren entwickeln wird. »Zurzeit spielt er ein konstantes Level. Das reicht ihm, um erfolgreich zu sein. Aber jetzt kennen ihn die Anderen auf der ATP-Tour. Es wird sicherlich nicht leichter für ihn.«
Die Umstellung auf Rasen ist diesmal ungewohnt kurz für den wohl besten Rasenspieler aller Zeiten. Deshalb verbrachte der 23-Jährige in Halle schon viel Zeit auf den Trainingsplätzen. Federer: »Normalerweise brauche ich drei Tage für die Umstellung von Sand auf Rasen. Deshalb ist jetzt jede Stunde wichtig.« Andere Beinarbeit, anderes Ballverhalten - es gibt viel zu tun, Roger packt es seit Sonntag an: »Auf Sand kann man agieren, auf Gras nur reagieren. Manchmal sollte man einfach vom Platz gehen, weil das Spiel an einem total vorbei läuft.«
Auf Rasen können nur wenige Bälle über Sieg oder Niederlage entscheiden.« In den letzten zwei Jahren ist seine Matchstatistik makellos grün. Und das soll auch so bleiben. Schließlich ist diese Tennis-Saison für Federer schon dann gut gelaufen, wenn er Weltranglisten-Erster bleibt und in Wimbledon gewinnt.
Die Gerry Weber Open sind dazu ein wichtiger Baustein. In diesem Jahr hat es ihm die Auslosung allerdings nicht leicht gemacht. Der Schwede Robin Söderling ist heute sein Auftaktgegner. Federer respektvoll: »Er ist groß, hat gut in Wimbledon gespielt. Es wird nicht einfach. Allerdings fehlt ihm noch die Konstanz.«
Der Hattrick in Halle ist auch deshalb sein großes Ziel, weil »ich dadurch Selbstvertrauen mitnehmen kann.« Welches er eben in Wimbledon aber auch bei den US Open nutzen will: »Zwei Mal Semifinale bei Grand-Slam-Turnieren ist zwar nicht schlecht, aber ein Titel wäre besser.«
Im Londoner Vorort hat sich der Rechtshänder bereits zwei Mal in die Siegerlisten eingeschrieben. Und in den Augen des Tennis-Tell hat er dort viele Gegner zu beachten: »Sebastian Grosjean, Andy Roddick, Lleyton Hewitt und Tim Henman, der sein Grundlinienspiel stark verbessert hat, fallen mir da spontan ein.«
Gut für Fans und Federer - auch da ist Pfeffer drin...

Artikel vom 07.06.2005