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Loblieder auf den
Modezar Gerry Weber

35 Cent Dividende - von Juli an Einkaufen im Internet

Von Dietmar Kemper
Halle (WB). Vor Hauptversammlungen muss Gerhard Weber keine Angst haben. Gestern sangen Aktionärsschützer Loblieder auf Mut, Spürsinn und Tatkraft des Modezaren aus Halle. Heidi Demke von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger lobte: »Es ist Ihnen überraschend schnell gelungen, sich vom negativen Branchentrend abzukoppeln und an frühere Erfolge anzuschließen«.

Die Investition in Aktien von Gerry Weber International lohne sich, betonte Demke. Das mittelständische Unternehmen schüttet eine Dividende von 35 Cent je Aktie aus, insgesamt 8,2 Millionen Euro. Gegenüber der letzten Dividendenausschüttung sei der Kurs der Aktie um 43 Prozent nach oben geklettert, rechnete Gerhard Weber bei der Hauptversammlung neben dem Tennis-Stadion vor. Er ist überzeugt davon, dass die Aktie des im SDax notierten Unternehmens von jetzt 10 auf 14 oder 15 Euro steigen wird. Gern möchte Weber zurück in den MDax, aber vom Umsatz her seien zehn andere Firmen eher dran.
Apropos Umsatz: Während die Konkurrenz kräftig unter der Konsumflaute litt, holte Gerry Weber International 352,2 Millionen Euro in die Kassen. Obwohl die Marken »Yomanis« und »Court One« die Erwartungen nicht erfüllten, kamen am Ende zwei Millionen Euro mehr zusammen als im Geschäftsjahr 2002/2003. Gerry Weber International erreichte eine Marge von 8 Prozent, verbesserte das Betriebsergebnis um gut 3 Millionen auf 27,9 Millionen Euro und verfügt nach der Ausschüttung der Dividende mit 50,7 Prozent über eine Eigenkapitalquote, die viele Dax-Firmen nicht erreichen.
Nach einem glänzenden ersten Quartal mit einem Plus von 10 Prozent erwartet Weber für 2005 einen Umsatz von 395 bis 400 Millionen Euro. »Überall stehen die Zeichen auf profitables Wachstum«, stellte der Vorstandsvorsitzende fest. In den nächsten vier Jahren soll die Zahl der »Houses of Gerry Weber« von jetzt 83 auf bis zu 400 vermehrt werden. Jede Stadt mit mindestens 80 000 Einwohnern komme dafür in Frage, sagte Weber. Auch die Zahl der »Shop-in-Shops«, eigene Verkaufsflächen in den Räumen größerer Einzelhändler, will der agile Unternehmer kräftig steigern: von derzeit 700 um 100 weitere jedes Jahr. Für die Marke »Samoon« plant der Konzern eigene Läden, spätestens im Frühjahr 2006 soll Premiere sein.
Bereits im nächsten Monat startet Gerry Weber International den e-commerce: Dann können Frauen Mode übers Internet kaufen. Mit der nächsten Herbst-Winter-Kollektion wiederum spricht Weber mit seinem Kooperationspartner Leithäuser (Hamm) auch modebewusste Männer ab 30 an. Abgesehen von einer Lizenz für Unterwäsche sei dann das Lizenzgeschäft abgeschlossen, erklärte Weber und gab Heidi Demke recht. Die Aktionärsschützerin hatte vor einer inflationären Vermehrung des Namens Gerry Weber gewarnt, denn dadurch drohe er zur »Allerweltsbezeichnung« zu verkommen.
Jella Benner-Heinacher von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz attestierte dem Unternehmen aus Halle: »Nach zwei Jahren Stagnation hat Gerry Weber den Vorwärtsgang eingelegt.« Dafür wurde beim Personal der Rückwärtsgang betätigt: Die Zahl der Mitarbeiter im In- und Ausland sank von 1637 auf 1517. Künftig werden die Stoffe für die Produktion nicht mehr erst nach Deutschland, sondern direkt zu einer neuen Logistikdrehscheibe in Ungarn geliefert und von dort an die Fabriken in Rumänien, der Türkei und Fernost weitergeleitet. Wieviel Geld auf den Konten der Vorstände Gerhard Weber und Udo Hardieck ankommt, werden die Aktionäre auch weiterhin nicht erfahren. Es gebe keine Veranlassung, die Bezüge individuell aufzuführen, erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende Ernst F. Schröder. Amtsmüde sind Weber und Hardieck jedenfalls nicht. Beide hätten die Bereitschaft zum Weitermachen signalisiert, sagte Schröder auf die Frage, ob schon eine Nachfolgeregelung für den Fall getroffen sei, dass der Vorstand ausscheidet.

Artikel vom 03.06.2005