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Keine Siesta -Êwenig Schlaf -Êkaum Kinder

Immer weniger Spanier haben Gelegenheit zu einem »Nickerchen« in der Mittagspause


Von Hubert Kahl
Madrid (dpa). Wissenschaftler haben längst erkannt, dass ein Schläfchen nach dem Mittagessen nicht nur gut für die Gesundheit ist, sondern auch die Effektivität bei der Arbeit fördert. Dennoch müssen die Spanier zunehmend auf ihre ausgiebige Mittagsruhe verzichten. Die »Siesta« - für viele ein urspanisches Kulturgut wie der Flamenco oder der Stierkampf - droht der Globalisierung und dem Diktat der wirtschaftlichen Konkurrenz zum Opfer zu fallen.
Supermärkte und Kaufhäuser sind mittags durchgehend geöffnet. Großbetriebe und Fabriken nehmen immer weniger Rücksicht auf die Tradition der Siesta. Nach Schätzungen finden nur noch 10 bis 20 Prozent der Spanier Gelegenheit, während der Mittagspause ein Nickerchen zu halten. Eine Expertenkommission dringt darauf, dass die Spanier ihre Arbeitszeiten den Gepflogenheiten in anderen Ländern anpassen sollen.
Die Siesta hat zur Folge, dass Spanier später Feierabend haben. Sie arbeiten normalerweise von 9 bis 14 und von 17 bis 20 Uhr. Für Familienleben bleibt da kaum Zeit. Folge: Spanien hat eine der niedrigsten Geburtenraten der Welt. Da in der Mittagspause in Wirklichkeit kaum noch jemand schläft, leiden Spanier unter chronischem Schlafmangel. Sie schlafen im Schnitt pro Tag 40 Minuten weniger als andere Europäer.

Artikel vom 03.06.2005