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Im Netz der Riesenspinne
Bielefelder Globetrotter Michael Palfner »überlebte« vier Wochen im Dschungel von Sulawesi
Mit nur einer Jeans zum Wechseln und sechs Garnituren Unterwäsche im Rucksack ist der Bielefelder Globetrotter Michael Palfner wohlbehalten vom anderen Ende der Welt zurückgekehrt. Vier Wochen wanderte der 33-jährige Abenteurer durch die zum Teil unberührte Natur der indonesischen Insel Sulawesi.
Einmal im Jahr packt den hochgewachsenen Geschäftsführer eines Sportparks das Fernweh: Nur mit dem Nötigsten in seinem Rucksack besteigt Michael Palfner ein Flugzeug und steuert so ein neues, außergewöhnliches Reiseziel an. In diesem Jahr war es Sulawesi, eine herbe, von Menschenhand weitgehend unbeeinflusste Region westlich der Molukken. Nach einer über 27-stündigen Anreise mit Stationen in Kuala Lumpur und Djakarta traf Palfner in Manado ein, der Hauptstadt von Sulawesi.
Den besonderen Reiz seiner Reisen sieht der Bielefelder darin, völlig ungeplant drauflos zu laufen und »sich einfach treiben zu lassen«. Bei Temperaturen von bis zu 40 Grad Hitze und entsprechend hoher Luftfeuchtigkeit in dem subtropischen Klima steuerte Michael Palfner Dschungelgebiete und Vulkane an, die er entweder zu Fuß, per Bus, im Holzkahn oder auf dem Sozius eines Rollers erreichte.
»Jeder Tag auf Sulawesi war ein Abenteuer für sich, aber im positiven Sinne«, erzählt der junge Mann, »die Bevölkerung ist westlichen Menschen gegenüber ausgesprochen freundlich und hilfsbereit.« Obwohl Palfner für indonesische Verhältnisse große Reichtümer wie Kamera und Rucksack bei sich trug, sei er nicht einmal bestohlen oder bedroht worden. »Natürlich bin ich immer auf Nummer Sicher gegangen, den Fotoapparat versteckte ich nachts in meinem speziellen Kopfkissen, meine Reisekasse befand sich in einem Gürtel, den ich nie ablegte.«
Selbst in den entlegensten Gebieten des Dschungels fand Michael Palfner so gut wie jede Nacht ein Dach über dem Kopf. Mit ein paar Sätzen in der Landessprache konnte sich der Bielefelder vorstellen, für eine Schlafstelle musste der Weltenbummler umgerechnet zwei Euro berappen. »Hauptsächlich habe ich mich in den vier Wochen von Reis und Mineralwasser ernährt, denn sowas gab es überall dort, wo Menschen anzutreffen waren.«
Unvergessen bleiben ihm seine Trips zu diversen Vulkanen in bis zu 2000 Metern Höhe. Traumhafte Eindrücke von einer wunderschönen Natur werden immer in Michael Palfners Erinnerungen bleiben. »Angst? Ja, manchmal hatte ich auch Angst. Wenn es im Dschungel dunkel wurde und ich nicht mehr so ganz genau wusste, wo ich war, dann wurde es mir schon manchmal ganz schön schwummrig zu Mute«, erzählt er. Schließlich leben im Dschungel von Sulawesi nicht nur gastfreundliche Einheimische, sondern auch hungrige Raubtiere und giftige Spinnen.
Und gerade mit diesen »niedlichen«, achtbeinigen Arachnoiden wäre Michael Palfner um ein Haar in Konflikt geraten: »Es dämmerte schon ein wenig, die Sonne ging unter, als ich einen etwas seltener benutzten Dschungelpfad entlangwanderte. Plötzlich kam es mir so vor, als ob mir jemand eine transparente Mütze über den Kopf gezogen hätte«, schildert der Bielefelder sein gruseligstes Urlaubserlebnis. »Dann verstand ich, was geschehen war: Ich war in das Netz einer großen Spinne geraten, die rechts über meiner Schulter an einem Baum saß und jede Sekunde auf mich zuflitzen konnte.« Mit Angstschweiß auf der Stirn befreite sich Michael Palfner blitzschnell aus seiner Falle. »Die Riesenspinne schien wohl gerade erst eine Mahlzeit gehabt zu haben, jedenfalls reagierte sie nicht auf ihren neuesten Fang.« Mit zittrigen Knien und sich langsam senkender Pulsfrequenz setzte der Weltenbummler seine Tour fort.
Bis auf diese etwas unschöne Begegnung traf Palfner eine Vielzahl von Affen, die ihn aus dem Dickicht neugierig, aber zurückhaltend betrachteten. »Was die so dachten, möchte ich gern wissen«, sagt Palfner schmunzelnd.
Seit vier Jahren nimmt sich der gelernte Einzelhandelskaufmann und Industriemechaniker diese Auszeiten. Seine Touren in touristisch weitgehend unerschlossene Regionen sind für Palfner in erster Linie Reisen ins eigene Ich. Allein zu sein, weitab von zu Hause, nur mit einem Rucksack ausgestattet, nicht zu wissen, was hinter der nächsten Wegbiegung auf ihn wartet - so möchte sich der Bielefelder besser kennen lernen.
Thailand, Laos, Kambodscha und Sumatra erkundete Palfner in den Jahren vor Sulawesi. Zurück in Deutschland, geht der 33-Jährige nach solchen Abenteuern mit anderen Augen durch unser Wohlstandsland. »Wenn man erlebt hat, wie zufrieden und freundlich arme Menschen in Asien sind, erscheinen mir die allseitigen Jammertiraden in Deutschland lächerlich.«
Wohin es 2006 gehen wird, weiß Michael Palfner noch nicht, aber die Welt ist ja groß genug. Der Rucksack steht jedenfalls bereit für ein neues Abenteuer fernab der Zivilisation. Carsten Borgmeier

Artikel vom 11.06.2005