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Seine Studienzeit hat Christoph Stellbrink, unterbrochen von Aufenthalten in Boston und Seattle, in seiner Heimatstadt Hamburg absolviert, die Assistentenausbildung machte er in Aachen. »Schon damals habe ich mit der Kardiologie begonnen und mich vor allem für die Elektrophysiologie, also für die Behandlung von Herzrhythmusstörungen mittels Schrittmacher, Defibrillator oder durch die Verödung von Herzmuskelgewebe interessiert«, erzählt er. Gleichwohl befasste sich Stellbrinks Promotion mit Schilddrüsenerkrankungen, seine Habilitation im Jahr 1999 allerdings wieder mit Rhythmusstörungen des Herzens.
In ihrer Therapie, vor allem aber in der Behandlung der Herzmuskelschwäche durch das Einsetzen eines Schrittmachers hat sich der Mediziner einen Namen gemacht. Auch wenn nach wie vor die medikamentöse Therapie die Regel ist, kann dadurch immerhin zehn bis 15 Prozent der Betroffenen geholfen werden. »Der Herzmuskel bekommt elektrische Impulse und zieht sich dann normalerweise synchron zusammen. Bei einer Herzschwäche kann es zum Beispiel zur Ausdehnung des Herzens kommen - mit der Folge, dass eine Leitungsbahn blockiert ist«, erklärt Stellbrink. Ein Teil des Herzens wird also zu spät erregt und kontrahiert auch verspätet. Die Folge - außer einer verminderten Pumpleistung - sind irritierende Herzbewegungen. »Schrittmacher, deren Sonden an diesem Teil des Herzmuskels angesetzt werden, können wieder für den richtigen Rhythmus und stärkere Pumpkraft sorgen.« Und mancher Patient, der zuvor auf ebener Strecke kaum noch gehen konnte, bewältigt plötzlich wieder seinen Alltag.
Ein zweiter Schwerpunkt der kardiologischen Klinik, die das gesamte Spektrum abdeckt, ist die Behandlung des Vorhofflimmerns - unter Umständen durch die Verödung krankhafter Teile des Herzmuskels. »Früher fürchtete man, dadurch Rhythmusstörungen auszulösen. Heute weiß man es besser.«
Erfreut hat Stellbrink registriert, dass in der Klinik jeder Infarktpatient intensiv behandelt wird. »Das ist richtig so und soll auch so bleiben.« Selbstverständlich kommt jeder Patient mit Infarkt auf den Kathetertisch, und das »verstopfte« Gefäß wird geweitet. Die Klinik garantiert diese Behandlung 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. »Die Patienten kommen ja auch rund um die Uhr«, sagt Stellbrink.
Die Art und Intensität einer Therapie macht er nicht am Alter eines Patienten fest, sondern daran, ob ein Gewinn an Lebensqualität zu erwarten ist. »Außerdem kann das Einsetzen eines Schrittmachers, wenn er womöglich Komplikationen wie Wasser in der Lunge zu vermeiden hilft, teure Tage auf der Intensivstation ersparen . . .«
Einmal, er vermutet stressbedingt, hat der Kardiologe selbst Herzrasen verspürt. Eine unangenehme Erfahrung, wie er zugibt. Trotzdem horcht er nicht ständig in sich hinein und fürchtet auch nicht, herzkrank zu werden: »Ich koppele das ab. Bei aller Zuwendung zum Patienten ist es wichtig, sachlich richtige Entscheidungen zu treffen.« Als Medizinstudent allerdings, gesteht er schmunzelnd, habe er typischerweise alle Krankheiten durchgemacht.
Sein Vorgänger Kuhn hat jahrelang für eine Herzchirurgie in Bielefeld gekämpft, und auch Stellbrink findet es bedauerlich, dass eine Stadt dieser Größe keine Herzchirurgie hat. »Im Moment will ich das nicht forcieren, aber das ist sicher ein Stachel im Fleisch dieser Stadt.« Auch wenn es keine langen Wartelisten für dringend zu operierende Herzpatienten mehr gebe und die Kooperation mit der Schüchtermann-Klinik in Bad Rothenfelde gut funktioniere: »Für Notfallpatienten, die zum Beispiel einen Riss in der Aorta haben, kann es eng werden.«
Die Klinik, der Stellbrink vorsteht, hat 108 Betten und 26,5 Arztstellen. Täglich werden 20 bis 25 Herzkatheter gemacht, und ein Zwölf-, 13-Stunden-Tag ist für den Mediziner normal. Viel Zeit für Sport - Tennis oder Joggen - bleibt dem begeisterten Skifahrer nicht. »Aber Arbeit ist ja auch nicht ungesund - vor allem, wenn man viele Treppen läuft«, meint Christoph Stellbrink.

Artikel vom 04.06.2005