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Das Bemühen um Frieden in Darfur kommt langsam voran

Ein Gespräch mit dem Bielefelder Ahmed Musa Ali über Hoffnungen

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Die Überfälle auf die Zivilbevölkerung im West-Sudan halten an. Auch die Friedensgespräche für Darfur kommen nur mühsam voran.
Diese Mutter hat mit ihren Kindern eine Station der »Ärzte ohne Grenzen« in Darfur erreicht. Nur in den Lagern sind Familien sicher und versorgt.
Ahmed Musa Ali von der »Darfur-Hilfe« aus Bielefeld.

Immerhin sollen die Verhandlungen am Freitag nach sechs Monaten fortgesetzt werden. Der Verhandlungsführer der Regierung, Madschub al-Chalifa, sagte, seine Delegation werde zu dem Treffen in der nigerianischen Hauptstadt Abuja kommen.
Auch die beiden Rebellengruppen Sudanesische Befreiungsarmee (SLA) und die Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit (JEM) kündigten ihre Teilnahme an. SLA und JEM leisteten sich noch diese Woche Bruderkämpfe, bei denen es zu mehr als einem Dutzend Toten kam. Die Vereinten Nationen und die Afrikanische Union werfen beiden Rebellengruppen vor, die Verhandlungen zu verzögern.
SLA-Chef Abdel Wahed Mohammed al-Nur sagte, seine Organisation habe eine Verschiebung des Treffens auf den 15. Juni verlangt. »Wir sind eine Guerilla, keine Regierung - wir sind auf die Transportmittel der Afrikanischen Union angewiesen«, nannte er als Begründung. Dennoch beabsichtige er, an der Konferenz teilzunehmen. Die letzte Verhandlungsrunde im Dezember war am Boykott der SLA gescheitert.
Bei Überfällen auf die Bevölkerung sind seit 2003 mehr als 300 000 Menschen ums Leben gekommen und zwei Millionen aus ihrer Heimat vertrieben worden. Diese Zahl nannte Ahmed Musa Ali, Geschäftsführer von »Darfur-Hilfe.org« aus Bielefeld im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT.
Der mit Unterstützung der Göttinger »Gesellschaft für Bedrohte Völker« gegründete politisch neutrale Verein ist auch ein Zusammenschluss der gerade einmal 50 in Deutschland lebenden »Darfuris«. Musa wertet das großer internationale Interesse an dem Konflikt zwischen dem bevölkerungsreichsten Landesteil Darfur und der Zentralregierung in Khartoum als wichtigen Bestandteil einer möglichen Lösung. Im Gegensatz zu dem jahrzehntelang fast unbeachteten Krieg zwischen Nord- und Südsudan hält er einen Ausgleich in den kommenden zwei bis drei Jahren für möglich.
Die Darfuris strebten mehr Rechte und Teilhabe an Bildung und staatlicher Grundversorgung an, aber, so Musa, »ich kenne keinen, der die staatliche Unabhängigkeit will«. Selbst die im Friedensvertrag mit dem Süden für 2010 vereinbarte Möglichkeit einer staatlichen Selbstständigkeit hält Musa für einen wenig vorbildlichen Weg. Während Europa seine Integration voranbringe, könne der Rückfall in Nationalstaatlichkeit für Afrika nicht richtig sein. Erfolgreiche Sezzessionskriege seien einfach das falsche Signal, sagte Musa.
Die Darfur-Hilfe unterstützt mit kleinen Geldbeträgen ein Flüchtlingslager im Tschad, 30 Kilometer von der Grenze nach Nord-Darfur entfernt.
Zuletzt konnten mit 1000 Euro 45 Klassensätze mit je 20 Schulbüchern für eine Lager-Schule mit 2374 Schülern beschafft werden. Als nächstes würden Schreibhefte und Bleistifte benötigt, sagte Musa. »Die Zukunft droht ohne Bildung und Perspektiven für die Zeit nach Krieg, Völkermord und Vertreibung sonst verloren zu gehen«.
Nach Absprachen mit den afrikanischen Partnern im westsudanesischen Darfur und in den Flüchtlingscamps jenseits der schützenden Grenze im Tschad konzentriere man sich auf die noch immer völlig unterversorgten Außenlager in der Region von Tiné, Musas Geburtsort. Vor Ort sei ein Komitee von Lehrern und ausgewählten Verantwortlichen gebildet worden, das den Unterricht in den Zeltsiedlungen organisiert.
An Bänke und Stühle ist dabei überhaupt nicht zu denken. Der Unterricht findet im Sitzen unter den letzten verbliebenen Bäumen oder in großen Zelten statt. www.darfur-hilfe.org

Artikel vom 08.06.2005