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Neue Prothesen - neue Therapien

Orthopädisch-wirbelsäulenchirurgisches Symposium

Bielefeld (sas). Etwa 160 000 Hüftgelenksprothesen werden jedes Jahr in Deutschland implantiert. Die Zahl der Knieprothesen liegt bei gut 100 000 - mit steigender Tendenz. »Auf dem Gebiet der Endoprothetik der großen Gelenke hat sich viel getan, das wollen wir präsentieren«, sagt Dr. Hans-Heinrich Trouillier, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie am Franziskus-Hospital.

Das zweite orthopädisch-wirbelsäulenchirurgische Symposium, das er leitet und das am heutigen Samstag in der Stadthalle stattfindet, widmet sich daher diesem Thema. Zweiter Komplex auf der Tagesordnung: die Wirbelsäulenchirurgie.
Recht neu auf dem Markt ist eine Hüftgelenkprothese, die es den Chirurgen erlaubt, knochensparend zu arbeiten. Das ist bei einer Lebensdauer der Prothesen von etwa 15 Jahren und der damit relativ häufig notwendigen Nachoperation besonders für jüngere Patienten wichtig. »Und ihr Anteil ist nicht gering: Nach Unfällen oder Medikamentengaben wie Cortison, das zu Knochennekrosen im Gelenkbereich führt, müssen oft auch jüngere Menschen operiert werden«, erklärt Trouillier.
Deutlich verbessert haben sich auch die Knieprothesen. »Da sie heute ebenso langlebig sind wie Hüftprothesen, ist ein aggressiveres Vorgehen, also ein schnelleres Operieren, möglich.« Das verhindert immerhin Folgekomplikationen: Denn eine nicht behandelte Kniearthrose wird irgendwann Sprung-, Hüftgelenk und Lendenwirbelsäule in Mitleidenschaft ziehen. Und das bedeutet ein Leben mit Schmerzen.
In den Themenbereich der Wirbelsäulenchirurgie (unter Einbeziehung konservativer Behandlungsmöglichkeiten und minimalinvasiver Eingriffe) führen zwei Selbsthilfegruppen ein: Karin Mertel wird den Bundesverband für Osteoporose mit Sitz in Bonn präsentieren, Bettina Neuenhofer aus Gütersloh die noch junge Selbsthilfegruppe »Rückendeckung« für Menschen mit chronischen Wirbelsäulenerkrankungen.
Die 39-Jährige hat nach einem Bandscheibenvorfall vor acht Jahren selbst chronische Schmerzen, gegen die die ganze Palette möglicher Therapien wenig ausrichten konnte. »Mit Ach und Krach«, sagt sie, sei sie halbtags arbeitsfähig. Ihre Botschaft: »Man muss als Patient selbst darauf achten, was einem bekommt. Und man sollte sich nicht irritieren lassen. Mit Schmerzen vom Rückentraining aus der Mucki-Bude zu kommen, ist falsch.« Das kann Trouillier nur unterstreichen: »Ich frage Patienten, die ich zur Reha schicke, ob sie auch Nein sagen können . . .«
Ihm liegt daran, Patienten zu sensibilisieren: »Sie sollen wissen, was sie erwarten können und womit sie sich nicht zufrieden geben sollten.« Denn nicht immer erfolgt eine differenzierte Diagnose. Und Rückenschmerz ist nicht gleich Rückenschmerz: »Es gibt den klassischen Schmerz, der nicht über die Pobacken hinausgeht und im Laufe des Tages entsteht. In der Regel geht er von den kleinen Wirbelgelenken aus. Die Bandscheibe zu therapieren, hätte wenig Sinn«, nennt er ein Beispiel. Ebenso kann ein Schmerz, der bis ins Bein zieht, von der Nervenwurzel ausgehen - oder aber vom Facettengelenk der Wirbelsäule. Den Nerv zu behandeln, brächte in diesem Fall gar nichts. »Man muss schon genau hinschauen, um die richtige Therapie zu wählen.«
Bettina Neuenhofer hätte er heute vielleicht helfen können: »Für sie hätten dynamische Bandscheibenimplantate die Lösung sein können. Diese Operation boomt seit zwei, drei Jahren.«
Das Symposium, zu dem Trouillier etwa 160 Kollegen erwartet, beginnt um 9.00 Uhr. Die Patientenselbsthilfegruppen stellen sich von 12.30 bis 13 Uhr vor.

Artikel vom 04.06.2005