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Neubeginn
ohne Sammer

Stuttgart trennt sich vom Trainer

Stuttgart (dpa). Der VfB Stuttgart hat knapp zwei Wochen nach dem Saisonende mit einem Paukenschlag auf die verpasste Teilnahme an der Champions League reagiert. Trainer Matthias Sammer muss den Verein verlassen.
Mit der überraschenden Beurlaubung zogen die Schwaben die Konsequenz aus den zuletzt schwachen Leistungen der Mannschaft mit dem Tiefpunkt des 1:3 gegen Meister Bayern München am letzten Spieltag und dem Sturz auf Platz fünf. »Wir haben in beiderseitigem Einvernehmen beschlossen, getrennte Wege zu gehen«, sagte VfB-Präsident Erwin Staudt. »Wir wollen nun einen glaubwürdigen Neustart mit einem neuen Trainer hinkriegen.« Die Nachfolge Sammers ist offen.
»Die ganze Art und Weise, wie wir uns zuletzt präsentiert haben, war nicht gut«, sagte Staudt. »Die Schnitte im Tischtuch ergaben ein Flickwerk. Das Risiko, so in die nächste Saison zu gehen, wollten wir nicht eingehen«, begründete er die Trennung von Sammer, der die Schwaben trotz Vertrags bis 2007 nach nur einem Jahr verlässt.
Der Trainer gab sich nach der Beurlaubung gefasst. »Wir haben zwar unser Ziel erreicht. Aber ich habe gemerkt, dass die Leute unzufrieden sind«, sagte der 37-Jährige. »Und bei Gesprächen mit dem Verein über die Zukunft habe ich gespürt, dass unsere Vorstellungen etwas auseinandergehen. Deshalb ist es besser, einen Schlussstrich zu ziehen.«
Die Nationalspieler des VfB reagierten bei der Ankunft in Belfast, als sie die Nachricht auf ihrem Handy erreichte, überrascht. »Es ist schade, dass Sammer keine zweite Chance bekommen hat«, sagte Stürmer Kevin Kuranyi, der sich bei ihm zuletzt noch über fehlende Rückendeckung beschwert hatte, jetzt aber ebenso wie Aleksander Hleb gehalten werden soll. »Schockiert« und »total überrascht« zeigte sich Torwart Timo Hildebrand. »Obwohl wir die letzten Spiele nicht gut gespielt haben, war es trotzdem ein gutes Jahr mit Matthias Sammer.«
Der 37-Jährige war im Sommer 2004 als Nachfolger von Felix Magath gekommen. Nach einem starken Start trat die Mannschaft in der letzten Saisonphase zunehmend verkrampft auf. Die Pleite gegen den FC Bayern ließ nicht nur die Kritik der Fans an Sammers Defensivtaktik immer lauter werden. Zudem wurde dem Rotschopf ein gestörtes Verhältnis zu Kuranyi und Spielmacher Alexander Hleb sowie zu weiteren Führungsspielern nachgesagt. Während Staudt sich noch hinter den Trainer gestellt hatte, gilt vor allem VfB-Aufsichtsratschef Dieter Hundt als treibende Kraft hinter der Trennung.
Zu den als Nachfolger ins Spiel gebrachten Walter Schachner (Grazer AK) und Morten Olsen (Nationaltrainer von Dänemark) erklärte Staudt: »Sie stehen immer auf meiner Liste wie auch viele andere Namen.« Auch Ottmar Hitzfeld könnte ein Kandidat sein. Der frühere VfB-Profi befindet sich nach seinem Abgang beim FC Bayern weiter im Ruhestand.
Für Sammer geht die Rückkehr zu seiner alten Liebe VfB unglücklich zu Ende. Die Stuttgarter waren es, die den Mittelfeldspieler 1990 nach der Wende in der DDR von Dynamo Dresden in den Westen holten und mit denen er 1992 unter Coach Christoph Daum erstmals Deutscher Meister wurde. Auch seine Frau Karin hat er bei den Schwaben kennen gelernt.

Artikel vom 04.06.2005