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Weiter warten auf ShangGong

Aktionäre fragen nach der Zukunft der Dürkopp Adler AG in Bielefeld

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Die Chinesen stehen bei Dürkopp Adler weiterhin nur vor der Tür. Aufsichtsratsvorsitzender Frank Huber versprach bei der gestrigen Hauptversammlung den Aktionären, dass der Kaufvertrag, der Ende Oktober 2004 mit der Schanghaier ShangGong-Gruppe abgeschlossen wurde, nun »innerhalb der nächsten zwei Monate« in Kraft treten werde.

Es seien nicht alle Bedingungen erfüllt, erklärte Huber. Der Vertreter des bisherigen Mehrheitsaktionärs FAG Kugelfischer warb um Verständnis für die erneute Verzögerung. Es sei das erste Mal, dass eine chinesische Aktiengesellschaft eine deutsche AG kaufe.
Den Umständen entsprechend vage blieben die Antworten von Vorstand und Aufsichtsrat des Bielefelder Textilmaschinen-Herstellers auf Fragen nach der Zukunft der Unternehmensgruppe. Dr. Alfred Zubler, ehemaliger Vorstand der Vorgängerfirma Kochs Adler AG, erkundigte sich, ob der Standort Bielefeld auch unter chinesischer Führung erhalten bleibe. Vorstandssprecher Werner Heer: »Wir erwarten keine unmittelbaren Änderungen.«
Was die Zukunft der Aktiengesellschaft betrifft, so hatte zumindest Rechtsanwalt Guido Schwarz als Sprecher der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) ganz konkrete Vorstellungen: »Angesichts eines Freefloats von nur noch fünf Prozent erwarte ich, dass ShangGong die freien Aktionäre möglichst schnell gegen Abfindung hinausdrängen wird.« Seit Jahren keine Dividende und ein niedriger Aktienkurs: Da könne man sich, so Schwarz, vorstellen, wie die Ausgleichszahlung ausfallen werde.
Etwas positiver waren die Perspektiven Heers für das Geschäftsjahr 2005. Nachdem der Verlust 2004 halbiert werden konnte, liege eine Rückkehr in die Gewinnzone trotz schwacher Konjunktur im Bereich des Möglichen. Insbesondere in der Fördertechnik, deren Umsätze 2004 fast dramatisch eingebrochen sind, gebe es beim Auftragseingang Anzeichen für eine Erholung. Zudem wirkten sich auch in der Nähtechnik die Personalanpassungen positiv auf die Ertragslage aus. Der Wegfall der Quotenbeschränkungen werde die Textilproduktionen in China und Indien ankurbeln. Im Gegenzug erwartet Heer, dass die Konkurrenten in der Türkei und Osteuropa verstärkt in höherwertige Betriebsmittel investieren. Davon könne Dürkopp Adler profitieren.
Heer zufolge wurde die Stammbelegschaft 2004 von 510 auf 438 Mitarbeiter verkürzt. Im Dezember wurde ein weiterer Abbau von 78 Stellen in Bielefeld beschlossen. Insgesamt beschäftigt der Konzern 1841 (Vorjahr: 2009) Mitarbeiter.
Hans-Ulrich Liebert, Kleinaktionär und Unternehmensberater in Bad Lippspringe, führte die Krise der AG auch auf die ständigen Wechsel im Vorstand zurück. Dies schade im Übrigen bei den Verhandlungen mit ShangGong: »Vertrauen ist die Basis jeder Geschäftsbeziehung in China; man will dort nicht immer neue Gesichter sehen.« Liebert kritisierte auch negative Zahlen im rumänischen Zweigwerk. Heer begründete diese mit dem notwendigen Ausbau, der zunächst Geld koste, wegen der viel niedrigeren Lohnkosten sich aber schon bald bezahlt mache.
Trotz der Kritik wurden Vorstand und Aufsichtsrat fast einstimmig entlastet. Das Quorum der Nein-Stimmen betrug weniger als 0,4 Prozent. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 02.06.2005