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Für kleine Preise nur verminderte Qualität

Folgekosten verteuern »billige«ĆŠHandwerksleistungen

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Die »Geiz ist geil«-Welle macht vor dem Handwerk nicht halt. Vor allem Betriebe am Bau werden teils bis in den Abgrund mitgerissen - auch in Ostwestfalen-Lippe. Dabei gibt es noch Regionen wie das Rhein-Main- und Ruhrgebiet, die viel mehr von der Billig-Konkurrenz-Welle aus Osteuropa erfasst werden.

»Wenn ich als Kunde den Preis immer weiter drücke, kann ich als Leistung nur erhalten, was diesen Preis wert ist.« Diese Binsenweisheit hat sich nach Aussage von Michael Heesing, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe, bei den Verbrauchern nicht genügend herumgesprochen. Der Ärger komme dann, wenn Handwerker-Leistungen schlecht ausgeführt werden: »Dann kann das, was vermeintlich billig eingekauft wurde, durch die Folgekosten sehr teuer werden.«
Hans Schmitz, Malermeister aus Bielefeld und Vizepräsident der OWL-Handwerkskammer, nennt einige Tricks, mit denen schwarze Schafe ihre Kosten decken: »Da wird einfach eine billigere Außendämmung aufgebracht in der Hoffnung, dass der Kunde dies nicht merkt.« So mancher lebe von dem, was, obwohl ausgeschrieben, nicht ausgeführt werde. Oder aber er stellt Subunternehmer an, die möglicherweise eine nicht ganz fachgemäße Arbeit abliefern. »Wenn dann beispielsweise die Schalldämmung nicht funktioniert, hat man ewig seinen Spaß dran«, warnt Schmitz.
Die Meisterprüfung ist, so die beiden Vertreter der Handwerkskammer, zwar keine absolute Garantie, aber doch ein begründetes Qualitätsversprechen. Außerdem habe der Verbraucher die Möglichkeit, Referenzen abzufragen.
Was den Handwerkern überhaupt nicht schmeckt, sind Versuche, die Rechnung im Nachhinein zu kürzen. »Damit sind nicht die Fälle gemeint, wo begründeterweise Nachbesserung verlangt wird«, erläutert Heesing. In bestimmten Kreisen und besonders bei Bauträgern, die selbst in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckten, sei es jedoch üblich geworden, das Bezahlen der Rechnung »bis zum letzten Tag und darüber hinaus« aufzuschieben. Schmitz sieht darin auch eine Veränderung des Zeitgeistes: »Am liebsten sind uns die Rentner; für sie ist es Ehrensache, ihre Rechnungen schnellstens zu begleichen.«
Dass nicht nur die Bauhandwerker gegen den Preisverfall kämpfen, zeigte sich bei der jüngsten Konjunkturumfrage der Handwerkskammer. Danach mussten 40 Prozent im vergangenen Halbjahr ihre Preise senken; nur 11 Prozent konnten sie erhöhen. 25 Prozent erwarten einen noch weitergehenden Preisverfall.
Wenn sich Discountmärkte durch niedrige Fleischpreise hervortun, leiden darunter natürlich die kleinen Metzgereien. Den Bäckern machen Billigketten zu schaffen. Den Friseuren laufen die Frauen nicht davon, aber sie kommen seltener in die Salons -Ɗstatt einmal monatlich nur noch alle zwei Monate. Zwischendurch färbt schon mal die Freundin die Haare.
Gibt es Handwerker, die nicht unter Preisverfall leiden? Heesing zögert, nennt dann die Bestatter, bei denen sich das Gefeilsche aus Pietätsgründen verbiete, sowie Steinbildhauer und Juweliere. Ihre individuelle Arbeit könne nicht so leicht kopiert werden.

Folge 5 am Samstag: Dumping-
preise stoßen Bauern sauer auf

Artikel vom 02.06.2005