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Steuerzahler unterschreiben blind

Doppel- und Dreifach-Besteuerung im Vorschriften-Dschungel normal

Von Rolf Dressler
Bielefeld (WB). Neben anderen war auch der frühere Sonderabschreibungsparagraph 7 b des Einkommensteuergesetzes ein augenfälliges Beispiel für die abenteuerliche Akrobatik deutscher Steuerpolitik. Anfangs sollte er die Bauwirtschaft beflügeln. Dann wurde er ausgesetzt, um die Konjunktur zu dämpfen, später wiederbelebt zugunsten der Vermögensbildung und schließlich der Familienförderung.

Diesen und ähnlich krausen Praktiken versucht seit Jahren auch die Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU) ein Ende zu machen. Sie empfiehlt das beinahe revolutionäre Modell der radikal vereinfachten Einmal-Besteuerung privater Anleger und Unternehmer.
Gerade im Blick auf einen möglichen Wechsel in Berlin gewinnen die ASU-Überlegungen neue Aktualität. Sie datierten bereits vom November 2000, fanden jedoch wie diverse andere Vorschläge bis heute keinen Widerhall in der »amtlichen« Politik, gleich unter welcher Parteifarbe.
Das WESTFALEN-BLATT do-kumentiert deshalb nach dem Auftaktbeitrag vom 4./5. Juni weitere wichtige Passagen aus der Analyse, die zugleich konkrete Wegweisung geben möchte.
Der normale Steuerpflichtige verstehe die Steuergesetze nicht, die ihn betreffen, heißt es dort. Er könne die eigene Steuerklärung nicht wirklich nachvollziehen, unterschreibe nicht selten praktisch blind, was der Steuerberater ihm vorgebe, und beteure dennoch auf dem Formular, dass er seine Angaben »wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen« gemacht habe.
Unterdessen wachse sich das vertrackte System der Progression zu einer immer stärkeren, »kalten Sozialisierung der Einkommen« aus, was Politikern und dem Staat immer noch höhere Erträge beschere. Dadurch aber werde Leistung nicht ermutigt, sondern bestraft. Immer mehr Menschen rutschten wegen der Verknüpfung von Inflation und Konjunktur in immer höhere Steuertarif-Stufen. So verdoppelte sich der mittlere Steuersatz allein von 1960 bis Ende der 1990er Jahre von 10 auf fast 20 Prozent.
Eine bürger- und eigentumsfreundliche neue Steuerpolitik muss sich laut ASU an fünf Grundsätzen ausrichten: - einfache und einheitliche Bemessungsgrundlage und Gleichbehandlung aller Bürger, damit sie Kapital bilden und für ihr Alter vorsorgen können,- Proportionaltarif statt eines progressiven Tarifverlaufes, Nichtdiskriminierung des Sparens und Investierens,- Neutralisierung, also Eindämmung der »kalten Progression« als Quelle fortwährend schleichender Steuererhöhungen,- sowie niedrige Steuerquote und weniger Staat bei gleichzeitiger Verringerung staatlicher Aufgaben und Leistungen.
Denn: Es komme entscheidend darauf an, die Investitionsquote und die private Sparquote am Gesamt-Volkseinkommen zu er- höhen und zu festigen, heißt es bei der ASU. Dieses Ziel könne man erreichen durch die so genannten Zinsbereinigung der Bemessungsgrundlage für die direkt erhobenen Steuern. Schluss

Artikel vom 07.06.2005