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»Le Patron« kennt alle
Lagen und alle Kunden

Michel Fischers »Maison du Vin« bereichert die Altstadt

Von Michael Diekmann und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Der alteingesessene Handwerksbetrieb, der Metallbauer, der weltweit exportiert, das exklusive Fachgeschäft in der City: Der Mittelstand ist Rückgrat der Wirtschaft und Garant für die Zukunft. Das WESTFALEN-BLATT stellt in einer Serie erfolgreiche Mittelständler vor. Heute: Das »Maison du Vin« von Michel Fischer.

Viele Passanten grüßen den Mann mit der schwarzen Schürze, der mit einem Kunden in der Ladentür steht und sich verabschiedet. »Ich fühle mich hier sehr wohl in der Altstadt«, sagt Michel Fischer (44). Sein »Maison du Vin« an der Ecke Niederwall/Steinstraße ist für das Stadtviertel im Hufeisen so etwas wie ein Markenzeichen. Der kleine Eckladen mit den liebevoll dekorierten Schaufenstern passt genau zur idyllischen Lage unter den Ulmen. Drinnen reichen die selbst gebauten Regale bis unter die Decke. Der Großteil des selbst verlegten Fliesenbodens ist mit Kartons voll gestellt. Wein, so weit das Auge reicht, und unter der Decke des hohen Raumes ein gigantischer Kristall-Leuchter. »Ein altes Erbstück, der venezianische Leuchter ist über 100 Jahre alt und stammt aus Familienbesitz«, berichtet Fischer nicht ohne Stolz.
Wer den gebürtigen Elsässer bei seinem Tagesgeschäft beobachtet, versteht, warum der Mann mit dem sympathischen Akzent den Laden als sein zweites Wohnzimmer bezeichnet. Mann und Geschäft bilden eine Symbiose, gehören irgendwie zusammen. Schade eigentlich für die Kunden, die aus Süddeutschland, England oder irgendwo im Ausland anrufen und sich in Sachen Wein ganz und gar gut aufgehoben fühlen, aber Fischers kleines Reich noch nie live erlebt haben.
Vor zehn Jahren hat er das Geschäft in der Altstadt eröffnet. Da war der gelernte Koch bereits seit einigen Jahren in Bielefeld. Mit Partnerin Martina Zelmer-Fischer, einer gelernten Fotodesignerin, lebt er seit 15 Jahren zusammen. Für sie blieb er in Bielefeld. Eine Entscheidung, die scheinbar allen Ostwestfalen zugute kommt. Sie haben mit dem Maison du Vin ein fachlich anerkanntes und ausgezeichnetes Geschäft in ihrem Oberzentrum.
»Viele meiner Weine sind Bio-Weine, auch wenn das nicht auf der Flasche steht», sagt der Inhaber, dessen Vater als Sommelier wohl den Grundstein für die Weinliebe gelegt hat, auch wenn der Sohn 20 Jahre lang als Vertreter der traditionellen elsässischen Küche Gaumenfreuden mit Wildschwein, Reh und Huhn, Apfeltorte und Terrine produziert hat. Kleine Gaumenfreuden gibt es auch heute bei Michel Fischer. Ob nun die italienische Wurst, französische Pastete oder schwarzen Oliven. Er kennt die Herkunft ganz genau. Jede Kleinstadt in den Weinregionen hat ihre Geheimtips, weiß der reiselustige Weinprofi, der im Jahr locker 12 000 Kilometer mit seinem Lieferwagen abspult. Lieferbeziehungen zu regionalen Erzeugern entstehen da meist ganz zufällig: Probiert, fasziniert, verhandelt und bestellt.
Verkauft werden bei Fischer nur Weine vom Erzeuger. Und die kennt er zumeist persönlich, kennt Philosophie und Lage, regionale Besonderheiten und familiäre Vorlieben, die sich dann im Inhalt von Glas und Flasche ausdrücken. Nach Frankreich reist Fischer dreimal jährlich, Kontakte hält er aber auch zu den Erzeugern in Italien, Spanien, Österreich, und natürlich vielen deutschen Winzern. Kontakt halten, sich informieren, das Umfeld anschauen und die Tradition bewahren, ohne sich dem Neuen ganz und gar zu verschließen.
Was Fischer für sein Geschäft festschreibt, möchte er auch für Gesellschaft und Staat, Menschen und Zusammenleben berücksichtigt wissen. Vielleicht ja auch ein kleiner Baustein zum großen Erfolg des Maison du Vin. Es besticht nicht nur mit Auswahl und Kompetenz, sondern mit einer ganz persönlichen Note, mit Harmonie und einer Prise heiler Welt.

Artikel vom 08.06.2005