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Fleischwerk
betrogen

Tönnies feuert Firmenchef

Von Ernst-Wilhelm Pape
Rietberg (WB). Die Tönnies-Gruppe in Rheda-Wiedenbrück (Kreis Gütersloh) hat sich mit sofortiger Wirkung vom Geschäftsführer des Schlachtbetriebes Weidemark, Richard W. (54) aus Rietberg (Kreis Gütersloh, getrennt.

Der Geschäftsführer hat nach Angaben der Staatsanwaltschaft Oldenburg gestanden, seit 2002 über verschleierte Beraterverträge in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Hierdurch soll Weidemark ein Schaden von mehr als 700 000 Euro entstanden sein.
Der Schlachbetrieb Weidemark im niedersächsischen Sögel ist ein Tochterunternehmen der Tönnies-Gruppe. Tönnies ist mit 4900 Mitarbeitern das größte private Unternehmen der Fleischbranche Europas. Neuer Geschäftsführer von Weidemark wurde Dr. Joachim Timmermann. Ihm zur Seite steht Juniorchef Robert Tönnies.
Ex-Geschäftsführer Richard W. war am 21. April 2005 bei einer bundesweiten Razzia gegen Schwarzarbeit und Lohndumping verhaftet worden. Ihm und einem weiteren Verantwortlichen des Fleischunternehmens werden illegales Entleihen ausländischer Arbeitnehmer und Betrug vorgeworfen. Jetzt seien die Straftatbestände Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie Untreue hinzugekommen, sagte Staatsanwalt Bernard Südbeck. Bei der Durchsuchung des Privathauses von W. in Rietberg seien Unterlagen gefunden worden, die auf getarnte Beraterverträge hinwiesen. Die Verträge waren zwischen der 46 Jahre alten Lebensgefährtin des Geschäftsführers und einem Subunternehmen aus Werlte (Emsland) geschlossen worden. Zwei Prozent des Umsatzes, das das Subunternehmer mit Weidemark tätige, seien in die die Privatkasse von Richard W. geflossen. Beraterleistungen für das Unternehmen habe die Lebensgefährtin nie erbracht.
Nach dem Geständnis sei der Beschuldigte gegen Kaution und Meldeauflagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden, sagte Südbeck. Das illegale Entleihen ausländischer Arbeiter habe Richard W. nur zum Teil eingeräumt. Insgesamt haben Verantwortliche von drei Subunternehmen aus Werlte, Wiesbaden und Kiel den Weidemark-Geschäftsführer stark belastet. Die Subunternehmen sollen zwischen Januar 2000 und Februar 2004 unter dem Denkmantel von Werkverträgen 300 Arbeiter aus Polen und Ungarn illegal an das Schlacht- und Zerlegeunternehmen Weidemark verliehen und dabei Sozialversicherungsbeiträge von fünf Millionen Euro hinterzogen haben.

Artikel vom 01.06.2005