01.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Letzter Anlauf zu Reformen

SPD und Grüne wollen Unternehmenssteuern nun doch senken

Berlin (Reuters). Die Regierung will Kernpunkte ihrer Reformpolitik wie die Unternehmenssteuer-Reform noch vor der Bundestagswahl auf den Weg bringen, zweifelt aber selbst an den Chancen zur Verwirklichung.

Nach einem Treffen der Koalitionsspitzen kündigten SPD-Chef Franz Müntefering und die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth an, sie wollten sich um eine Lösung des Koalitionstreits um die Finanzierung der Reform bemühen. Die Koalition will bis zur Wahl auch das Entsendegesetz, das Gesetz zur Offenlegung von Managergehältern und das Gesetz zur Energieeinsparung voran treiben.
Verzichten will Rot-Grün auf das Gesetz zur Beschleunigung der Verkehrswegeplanung und auf das Fluglärmgesetz. Ob Finanzminister Hans Eichel vor der Wahl noch einen Etat vorlegt, ließ Müntefering offen. In der Debatte um die von Bundeskanzler Gerhard Schröder geplante Vertrauensabstimmung sicherte der Kanzler dem Koalitionspartner eine rechtzeitige Information zu.
Müntefering sagte zur Unternehmenssteuer-Reform: »Wir werden das Ganze jetzt auf den Weg bringen, und dann wird man sehen, was ... möglich ist.« Roth stützte den Plan, beharrte aber auf Änderungen bei der Finanzierung. Wegen der Vorbehalte auch von Union und Teilen der SPD dazu zeigten sich Müntefering und Roth skeptisch, ob die Reform vor der Wahl beschlossen wird. Der beim Job-Gipfel von Union und Koalition vereinbarte und im Kabinett beschlossene Plan sieht eine Senkung des Körperschaftssteuer-Satzes von 25 auf 19 Prozent vor, sowie Änderungen bei Erbschafts- und Gewerbesteuer.
Laut Müntefering und Roth einigten sich SPD und Grüne bei ersten Treffen im Kanzleramt seit der Ankündigung vorgezogener Wahlen, auf ein Arbeitsprogramm für die drei Sitzungswochen bis zur Sommerpause:
- Die Ausweitung des Entsendgesetzes, die Gesetze zur Offenlegung von Managergehältern, Energieeinsparung, Bekämpfung von Graffiti und Nebentätigkeiten von Abgeordneten sowie das Anti-Diskriminierungsgesetz werden bis zur Wahl weiterverfolgt.
- Auch das Gesetz, wonach die Arbeitgeber die Rentenbeiträge der Arbeitnehmer sofort an die Rentenversicherung überweisen müssen, statt durch spätere Überweisung Zinsgewinne zu erhalten, soll eingebracht werden.
- Das Fluglärmgesetz, das mehr Schutz von Flughafenanwohnern vorsieht und Flughafen-Betreibern Mehrkosten auferlegen würde, wird nicht mehr eingebracht, obwohl es nicht der Zustimmung des Bundesrats bedarf. Auch das koalitionsintern umstrittene Gesetz zur beschleunigten Verkehrswegeplanung wird nicht mehr verfolgt.
- In der kommenden Woche werde geklärt, ob das Gesetz für mehr öffentlich-private Partnerschaften bei Investitionen bis zur Wahl weitergetrieben werden soll.
Die Union forderte die Bundesregierung auf, noch vor der Sommerpause einen detaillierten Etatentwurf für 2006 vorzulegen. Über diesen solle in der bisher für Anfang September geplanten Sitzungswoche des Bundestags debattiert werden, also wenige Tage vor der geplanten Bundestagswahl, verlangte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Norbert Röttgen.

Artikel vom 01.06.2005