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Geschichte vom Teddy-Berg
Kunstprojekt auf der Bundesgartenschau in München - Parklandschaft auf dem ehemaligen Flughafen Riem
Große Grünflächen, ein buntes Meer aus Blüten, heimische und exotische Zierpflanzen, vielleicht noch ein paar Beete mit Obst- und Gemüseanbau - so in etwa stellt man sich gemeinhin eine Landes- oder auch Bundesgartenschau (Buga) vor. Doch mächtige Schiffscontainer, verrostete Autos oder Teppichklopfstangen, über die Rollrasen statt Auslegeware hängt, sind eher ungewöhnlich. Nicht auf der Buga in München. Dort eröffnet das Kunstprojekt »Evergreen« neue Perspektiven.
Für Lasse (4) und Kim (6) gibt es keine Diskussionen. Der Bär ist das Beste überhaupt. Da kommt nicht einmal der riesige und wirklich mit tollen Geräten und Möglichkeiten ausgerüstete Spielplatz mit. Zu verstehen ist die Begeisterung der Kinder allemal. Es ist schon ein tolles Bild, wie der acht Meter lange Teddy-Bär wie hingegossen zwischen Blumenrabatten an einem Wegesrand auf der Wiese liegt.
Der Koloss ist eines von insgesamt 40 Werken, die von Studenten der Münchner Kunstakademie im Rahmen des »Evergreen«-Projekts die Buga bereichern. Die mit 20 Tonnen Erde gefüllte »Haut« aus Kokosgeflecht zieht die Kleinen geradezu magnetisch an. Da wird gezupft, geklettert, gesprungen und so gut es geht auch gekuschelt. Diese Liebesbekundungen tun Meister Petz nicht wirklich gut. Mächtig ramponiert ist sein »Fell« an vielen Stellen.
Die Belagerung hat indessen auch zur Folge, dass sich die eigentliche Hoffnung des für die Bärenfigur verantwortlichen Künstlers Alfred Kurz nicht erfüllt hat. Denn eigentlich sollte der »Teddy-Berg« längst ein in saftigem Grün leuchtender Hügel sein. Der Wind hätte den Samen herantragen, der Regen für das Wachstum sorgen sollen. Doch selbst rund um den »schlafenden Riesen« hat das Gras Mühe, sich gegen den Ansturm der Füße durchzusetzen.
Ganz im Gegensatz zum restlichen Buga-Gelände. Da grünt und blüht es, was das Zeug hält. Allein zwei Millionen Blumenzwiebeln und 260 000 Blumenstauden wurden »verarbeitet«. Der 200 Hektar große Landschaftspark ist auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens München-Riem entstanden. Nach Abschluss der Schau wird der Park zentrales Erholungsgebiet für den derzeit wachsenden neuen Stadtteil Riem. Ein Gebilde, das zu einem Drittel aus Messezentrum, einem Drittel Wohnen und einem Drittel Grünfläche samt Badesee bestehen wird. 16 000 Einwohner aus 50 Nationen sollen sich nach den Prognosen dort am Rande der bayerischen Landeshauptstadt ansiedeln.
Während die Messe bereits weitgehend fertig gestellt ist und an den neuen Wohneinheiten kräftig gearbeitet wird, drängen sich auf dem Buga-Gelände die Besucher-Massen. Passionierte Hobbygärtner, stressgeplagte Städter und begeisterte Blumenfreude kommen ebenso auf ihre Kosten wie Kinder, die auf außergewöhnlichen Spielplätzen tollen und toben können. Malschulen und Abenteuerpfade sind ebenso vorhanden wie eine Kulturwiese, auf der Hip-Hop und Reggae zu hören ist. Zudem wird an vielen Stellen Wissen über die Natur auch für junge Besucher spannend dargestellt.
Die dürften aber auch Spaß an einer Reihe von »Evergreen«-Projekten haben. Neben dem »Teddy-Berg« ist da vor allem »Don Quijote« zu nennen - ein Windrad mit Verkehrsschildern, das mitten auf der Wiese steht. Um es in Gang zu setzen, müssen Besucher auf einem Tandem in die Pedale treten. Verblüffte Gesichter von Kindern und Erwachsenen indessen sind immer wieder zu beobachten, wenn vor ihnen der Perserteppich im Gras auftaucht. Ein exakt gleich großes Stück Rasenfläche hängt nur wenige Meter entfernt über einer Teppichstange. Die Buga aus der Perspektive des Künstlers. Ähnlich sind der blaue Fiat 500 und der gelbe Opel Ascona zu sehen, die verloren und verlassen unter rostigen Laternenmasten symbolisch vor sich hin ölen. Auch eine Art, die Kulturlandschaft zu zeigen.
Paul Huf hat einen anderen Weg gefunden. Er hält Kunst zum Mitnehmen bereit. Wer ihm seinen Lieblingsort der Buga verrät und die Gründe dafür nennt, dem malt er ein Bild davon - kostenlos.
Apropos Kosten: 65 Millionen Euro wurden in die Errichtung des Buga-Parks investiert. Auf 41 Millionen Euro werden die laufenden Aufwendungen für die Buga geschätzt. 20 Millionen Euro investierten zudem noch Aussteller aus dem gärtnerischen Bereich. Vor diesen Summen sind die 200 000 in das Kunstprojekt investierten Euro ein absoluter Schnäppchenpreis.
Vier Millionen Menschen werden insgesamt bis zum 9. Oktober erwartet. Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen auf die gesamte Region schätzen Experten auf 500 Millionen Euro. Wolfgang Schäffer

Artikel vom 18.06.2005