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Loveparade-Erfinder
kommt zur Eröffnung

Galerie 61 präsentiert Berliner Künstler der wilden 90er

Bielefeld (WB/uj). Eine retrospektive Ausstellung von 17 Künstlern und Künstlerinnen, die in den 90er Jahren die Untergrund-Kulturszene Berlins stark beeinflusst haben, ist von Freitag an, 3. Juni, in der Galerie 61 zu sehen. Die Ausstellung reflektiert in 200 Bildern im Format 18x24 Zentimeter die Eindrücke und Erinnerungen. Die Arbeiten sind zu Blöcken zusammengefasst und bilden ein flirrendes Gesamtkunstwerk.

In den 90er Jahren zog Berlin magnetisch Künstler an, obwohl in der Stadt noch nie so wenig Geld für Kunst ausgegeben wurde wie zuvor -Êalles wurde hektisch in die Wiedervereinigung gesteckt. Indes, die neuen räumlichen Möglichkeiten im Ostteil der Stadt bescherten der Party- und Clubszene Freiräume, die den etablierten Kunstbetrieb nachhaltig stören und umwälzen sollten. Die Szene konnte mit Ausstellungen wie »X94 X Position« sogar in die altehrwürdige Akademie der Künste eindringen. Es war die Zeit des »Tacheles« und der Kunstorte, die heute entstanden und morgen schon wieder verschwunden waren, und der Clubs wie E-Werk oder Tresor.
Kiddy Citny, der in den 80ern durch seine überlebensgroßen Köpfe auf der Mauer bekannt wurde, praktizierte mit seiner Crew die fluxus-erprobte, heute Crossover genannte Verknüpfung von Musik, Bewegung und Malerei in videodokumentierten Performances.
Für Cornelius Perino -Êden Kristallisationskern der Bielefelder Ausstellung -Êbegannen die Neunziger 1992, als er als Gegenleistung für einen nachgebauten DDR-Wachtturm zwei Wochen lang den »Tränenpalast«, den ehemaligen Grenzübergangspavillon am Bahnhof Friedrichstraße, nutzen konnte und dort das einwöchige multimediale Kulturfestival »Faces N Brains« veranstaltete, das so disparate Genres und Elemente miteinander vereinte wie den DDR-Schriftsteller Bert Papenfuß-Gorek und Dr. Motte, den Erfinder der Loveparade.
Mit der Verhüllung des Reichstags durch Christo begann die Rückkehr zur Normalität. Galeristen begrüßten die halbwegs normalen Verhältnisse und neue junge Künstler machten die Galeriearbeit wieder spannend.
Einige Künstler aus dieser Zeit schafften es, ihre Konzepte weiterzuentwickeln. Neben Perino seien die »Dead Chickens« zu nennen, die mit ihrem multimedialen Maschinentheater unter anderem 2004 in der europäischen Kulturhauptstadt Lille einige Plätze gestaltet haben. Und die Bildhauerin Nänzi wird den Besuchern der Galerie 61 vielleicht noch durch ihre Einzelausstellung 2002 in Erinnerung sein.
Zur Eröffnung am heutigen Freitag, 20 Uhr, wird Dr. Motte den »Berlin Spirit« der Neunziger noch einmal aufleben lassen. Projektionen und eine Live-Pyro-Sound-Performance von KAI (Dead Chickens) und Cornelius Perino runden den Abend als multimediales Ereignis ab.
Die Ausstellung mit dem Titel »18/24« läuft bis zum 2. Juli und kann freitags von 16 bis 19 Uhr, samstags von 12 bis 16 Uhr sowie nach telefonischer Absprache unter 0179/9262511 besucht werden.

Artikel vom 03.06.2005