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Kiefer hat Nerven: Aufgabe in Paris

Die Verwandschaft kam vergeblich zum Achtelfinale - Aus auch für Titelverteidiger Gaudio

Paris (dpa). Nicolas Kiefer schleicht das Pech hinterher. Der Tennis-Profi aus Hannover musste bei den French Open wegen eines eingeklemmten Nervs, der von einem blockierten Nackenwirbel herrührt, aufgeben. Zum Achtelfinale gegen den Argentinier Guillermo Canas trat Kiefer nicht mehr an.
»Ich bin brutal enttäuscht, denn ich hatte eine große Chance hier weit zu kommen«, sagte der 27-Jährige, der bei dem Grand-Slam-Turnier in Paris erstmals im neunten Anlauf die Runde der letzten 16 erreicht hatte. Schon bei den US Open im vergangenen Jahr hatte Kiefer im Achtelfinale gegen Tim Henman beim Stand von 7:6 (7:5), 3:6, 1:6, 7:6 (7:4), 0:3 wegen einer Verletzung am Schlagarm das Spiel einstellen müssen.
»Ich habe alles versucht, aber es macht keinen Sinn, wenn ich nicht topfit bin«, sagte Kiefer, der sehr gefasst wirkte, denn das Unglück hatte sich bereits zwei Tage zuvor angekündigt. Im Drittrunden-Match gegen den Russen Igor Andrejew hatte er sich beim Stand von 3:1 erstmals am Nacken behandeln lassen und sich danach mit Schmerztabletten über Wasser gehalten. Auch am Sonntag, als das wegen Regens vertagte Match zu Ende gespielt worden war, klagte Kiefer noch über Schmerzen. »Ich habe wieder schlecht geschlafen und mich übergeben«, erzählte er einen Tag danach. Schon frühmorgens hatte er sich spritzen lassen, doch die erhoffte Wirkung blieb aus. Noch gestern wollte er sich in Paris einer Kernspintomographie unterziehen. Die weitere Behandlung sollen seine Vertrauensärzte in Hannover übernehmen.
»Normalerweise würde ich mich jetzt auf die Rasenturniere freuen. Aber jetzt sage ich: Schade, dass die Sandplatz-Saison schon vorbei ist. Ich habe Spaß daran gefunden«, sagte Kiefer, der in Paris noch nie so gut gespielt hatte. In jedem Fall will er versuchen, in drei Wochen in Wimbledon wieder dabei zu sein. Sein Start bei den Gerry Weber Open in Halle in der kommenden Woche ist gefährdet.
Nicolas Kiefer hatte schon mit einigen langwierigen Verletzungen zu kämpfen und daraus gelernt, auf seinen Körper zu hören. Erst im vergangenen Jahr musste er länger pausieren, weil er sich bei den US Open einen Kapsel- und Bänderanriss am rechten Unterarm zugezogen hatte. Auf die Tour kehrte er erst Anfang des Jahres zurück und kämpfte sich mühsam wieder heran. Mit Walt Landers, der schon den früheren Weltranglisten-Ersten Pete Sampras fit gemacht hat, bolzte Kiefer im Frühjahr viel Kondition - vielleicht zu viel, denn schon beim World Team Cup in Düsseldorf hatte er wegen Nackenproblemen nur zwei Spiele bestritten.
Besonders bitter war für Kiefer, dass ihn das Verletzungspech nun ausgerechnet in seiner zweiten Heimat bei einem ganz wichtigen Match einholte. Seine französische Mutter hatte die ganze Verwandtschaft für das Achtelfinal-Match gegen Canas aktiviert. Sogar die 90 Jahre alte Oma Emilienne sollte extra nach Paris kommen.
In Roland Garros gab es derweil weitere Überraschungen. Titelverteidiger Gaston Gaudio aus Argentinien schied nach einer 6:2, 4:6, 6:7 (5:7), 7:5, 4:6-Niederlage gegen den Spanier David Ferrer im Achtelfinale ebenso aus wie sein Landsmann Guillermo Coria. Der Vorjahresfinalist musste sich Haas-Bezwinger Nikolaj Dawidenko aus Russland mit 6:2, 3:6, 6:7 (1:7), 2:6 beugen.
Eine starke Vorstellung liefert weiter Rafael Nadal ab. Der spanische Mitfavorit schlug Lokalmatador Sebastien Grosjean mit 6:4, 3:6, 6:0, 6:3. Vor allem im dritten Satz lief der erst 18 Jahre alte Profi aus Mallorca zu Höchstform auf. Nächster Gegner ist nun David Ferrer. Danach könnte es zum Traumduell mit dem Weltranglistenersten Roger Federer kommen, der im Viertelfinale den ungesetzten Rumänen Victor Hanescu ausschalten muss.
Wimbledonsiegererin Maria Scharapowa gewann die wegen Regens vertagte Partie gegen die Spanierin Nuria Llagostera Vives in wenigen Minuten mit 6:2, 6:3. Scharapowa kämpft heute gegen die Belgierin Justine Henin-Hardenne um den Einzug ins Halbfinale. Die French-Open-Siegerin von 2003 setzte sich 7:6 (8:6), 4:6, 7:5 gegen US-Open-Gewinnerin Swetlana Kusnetzowa durch. Auch die 17-jährige Serbin Ana Ivanovic steht nach einem 6:4, 6:7 (3:7), 6:3-Erfolg gegen die Italienerin Francesca Schiavone in der Runde der letzten Acht.

Artikel vom 31.05.2005