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Opfer lebt noch immer in Angst

Gericht verurteilt Ehemann nach Brandanschlag zu sieben Jahren Haft

Von Christian Althoff
Paderborn (WB). Zu sieben Jahren und drei Monaten Haft wegen versuchten Totschlags hat das Landgericht Paderborn am Mittwoch jenen Mann verurteilt, der im November seine Frau im Bett mit Spiritus übergossen und angezündet hatte. Das Opfer hatte schwer verletzt überlebt.
Opfer Danuta U. ist von der Tat gezeichnet.

»Ich bin froh um jeden Tag, den er im Gefängnis sitzen muss«, sagte Ehefrau Danuta U. (43), die noch immer unter Panikattacken leidet und nachts hochschreckt, weil sie einen erneuten Angriff fürchtet. »Allerdings tut es mir um unsere 13-jährige Tochter leid, die so sehr an meinem Mann hängt und ihn unglaublich vermisst«, fügte die 43-Jährige hinzu.
Danuta U. hatte sich nach 14 Ehejahren von ihrem Mann Norbert (39) trennen wollen - vor allem, weil er seinen Alkoholkonsum nicht in den Griff bekam. Immer wieder hatte die Frau gedroht, ihn zu verlassen, doch Norbert U. hatte das bis zuletzt nicht ernst genommen. Als der Auszug seiner Frau dann unmittelbar bevorstand, griff er am 17. November zu einer Flasche Spiritus, übergoss seine Frau, die im Bett lag und ein Buch las, und hielt ein Feuerzeug an ihr Nachthemd.
Der Gutachter Dr. Reinald Heipertz erklärte am Mittwoch, dass Norbert U. zur Tatzeit vermindert schuldfähig gewesen sei und im Affekt gehandelt habe. Der Experte schloss auf Nachfrage des Verteidigers aus, dass dem Angeklagten die Grausamkeit seiner Tat bewusst gewesen sei und er aus diesem Grund zum Spiritus gegriffen habe: »Der Angeklagte hätte alles genommen, um seine Frau damit anzugreifen. Es war Zufall, dass es die Spiritusflasche war«, sagte Heipertz. Das Gericht sah daraufhin das Mordmerkmal der besonderen Grausamkeit nicht mehr gegeben. Es verurteilte Norbert U. deshalb nicht, wie ursprünglich angeklagt, wegen versuchten Mordes, sonder nur wegen versuchten Totschlags. Staatsanwalt Ralph Vetter hatte acht Jahre Haft gefordert, Verteidiger Dr. Detlev Binder vier Jahre für ausreichend gehalten: »Mein Mandant ist kein schlechter Mensch. Er ist 1989 aus Polen gekommen, er hat hart gearbeitet und sich eine Eigentumswohnung und einen Schrebergarten zugelegt. Am 17. November hat er auf einen Schlag alles verloren: seine Frau, seine Tochter, seinen Stiefsohn und seine Zukunft.«
Die Scheidung der Eheleute ist eingereicht. Norbert U. hat bereits schriftlich erklärt, zugunsten seiner Frau auf jeglichen Besitz zu verzichten. Am Mittwoch sagte er im Prozess, er wolle als Häftling so schnell wie möglich eine Arbeitsstelle antreten, um seine Familie unterstützen zu können. Er habe nie vorgehabt, seine Frau zu töten.
Danuta U. ist voraussichtlich bis zum Jahresende arbeitsunfähig. Sie muss eine Gesichtsmaske und weitere enge Verbände tragen, die das Wachsen der zahlreichen Brandnarben verhindern sollen. Ihr Antrag auf Sozialhilfe ist inzwischen abgelehnt worden: »Ich hatte meinen Eltern 1990 für umgerechnet 10 000 Mark eine Wohnung in Polen gekauft, die auf meinen Namen eingetragen ist. Damit gelte ich als vermögend und bekomme keine staatliche Hilfe. . .«

Artikel vom 26.05.2005