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Das knorrige Nordlicht
ist gar nicht so bärbeißig

Heinz Reincke wird 80 Jahre alt und dreht noch immer

Der Schauspieler Heinz Reincke ruht sich am Rande der Dreharbeiten zum »Landarzt« auf einer Bank aus.Foto: dpa

Von Rüdiger Ewald
Kiel (dpa). Er gilt als bärbeißig und typischer Norddeutscher - und kann diese Charakterisierung gar nicht leiden. »Ich bin Schauspieler und habe die größten Rollen gespielt«, distanziert sich Heinz Reincke vom Bild, dass sich seine Fans von ihm machen. Doch das kommt nicht von ungefähr. Viele kennen den Mimen als Ex-Pastor Eckholm in der ZDF-Serie »Der Landarzt«. Zur Zeit dreht Reincke im schleswig-holsteinischen Kappeln wieder neue Folgen der Erfolgsserie. Am Samstag wird der in Kiel geborene Schauspieler 80 Jahre alt.
Reincke, der seit 1970 auch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, geht der Gruß des Nordens, das »Moin«, immer noch bestens über die Lippen. Seiner alten Heimat ist der Wahl-Österreicher immer noch sehr verbunden - nicht nur durch seine aktuelle Fernseh-Rolle.
Dass er diesen Beruf erlernte, hat er nur seinem Ehrgeiz und Talent zu verdanken. Wäre es nach seiner Mutter gegangen, dann hätte der junge Heinz Beamter werden sollen. In Kiel absolvierte er eine Lehre bei der Industrie- und Handelskammer, übernahm aber nebenher Komparsenrollen am Stadttheater. Bevor der Durchbruch kam, arbeitete Reincke als Souffleur, Inspizient oder Operetten-Buffo an verschiedenen Bühnen.
Die große Schauspieler-Karriere begann vor genau 50 Jahren, als ihn Gustaf Gründgens ans Deutsche Schauspielhaus nach Hamburg holte. Hier spielte er viele große Rollen in Klassikern wie Wolfgang Borcherts »Draußen vor der Tür« oder »Helden« von George Bernhard Shaw. Reincke erwarb sich den Ruf eines dynamischen, wandlungsfähigen Schauspielers mit hervorragender Sprechkultur. Mit diesen Meriten versehen gelang ihm der Sprung ans Wiener Burgtheater.
Hier glänzte der Kammerschauspieler etwa als Titelgestalt in Harold Pinters »Hausmeister«. 1960 gab er in Wien seine Abschiedsvorstellung als Voigt in Carl Zuckmayers »Hauptmann von Köpenick«.
Von Ruhe und dem Altenteil in seinem Haus am Mondsee in Österreich will Heinz Reincke aber nichts wissen. Für ihn begann eine neue Karriere - im Fernsehen. Zwar hatte er schon in zahlreichen Filmen mitgewirkt, doch einem größeren Publikum wurde er erst durch seine Fernsehrollen richtig bekannt. Und hier spielte er es immer wieder, das knorrige Nordlicht, das seinen Ruf geprägt hat. Mal erzählte er »Geschichten aus der Heimat«, übernahm eine Rolle im »Großstadtrevier« oder gab einen Bauern mit großer Klappe. Aus dem »Landarzt« ist er seit 1987 nicht mehr wegzudenken. Reincke hat an den Dreharbeiten nach wie vor sichtlich Spaß, obwohl ihm sein Körper ab und zu Grenzen setzt. »Ich sehe mich als alten Mann mit jungem Herzen«.

Artikel vom 25.05.2005