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Forscher begleiten
Krebspatienten

Stiftung zahlt einen neuen Lehrstuhl

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Gut 600 000 Euro lassen sich mildtätige Menschen das Wohl von Krebspatienten kosten: Fünf Jahre lang bezahlt die Herforder Carina-Stiftung eine W2-Professur an der Universität Bielefeld, die die psychologischen Bedürfnisse der Kranken wissenschaftlich untersucht.

Lautet die Diagnose »Krebs!«, ist der Schock groß. Doch während die medizinische Therapie Fortschritte macht, bleiben die Betroffenen und ihre Angehörigen mit ihren Ängsten und Sorgen meist allein. Diesem Misstand möchte die Carina-Stiftung abhelfen: Im Oktober finanziert sie der Fakultät für Gesundheitswissenschaften einen mit jährlich etwa 75 000 Euro dotierten Lehrstuhl (plus Wissenschaftlicher Mitarbeiter) zur psychosozialen Versorgung von Krebspatienten.
Am Herforder Klinikum sowie an sechs weiteren großen ostwestfälisch-lippischen Krankenhäusern werden Krebspatienten schon seit geraumer Zeit beraten. Doch mit welchem Erfolg? »Die Psychologen, Psychotherapeuten und Sozialarbeiter, die nach Modellen beraten, die bei Carina entwickelt wurden, müssen natürlich den Bedürfnissen der Krebspatienten Rechnung tragen«, sagt Dekan Prof. Klaus Hurrelmann. »An der Uni prüfen wir aus der gebotenen Distanz, ob diese Angebote wirklich ÝsitzenÜ. Werden die Patienten beruhigt und nicht irritiert? Stabilisiert die Beratung ihre Lebensqualität? Erreicht man auch die zurückhaltenden Migranten und weniger gebildete Schichten?« Kurz: Kontrolle der Praxis durch die Theorie.
Die Spezialisten an der Uni jubeln, denn Bielefelds Schwerpunkt - die Versorgungsforschung - wird gestärkt. »Vor allem aber können wir unsere Studenten praxisnah ausbilden - sie erwerben genau die Kompetenzen, die zur Beratung gebraucht werden.« Jobs für junge Akademiker. »Der Bedarf an Fachleuten wird angesichts immer häufiger auftretender Krebserkrankungen stark steigen«, prognostiziert Hurrelmann.
Bei der Carina-Stiftung versteht man die Begleitung der Kranken als integralen Bestandteil der Krebstherapie; in ein psychoonkologisches Projekt des Herforder Klinikums sind Bielefelder Gesundheitswissenschaftler um Prof. Bernhard Badura bereits seit längerem eingebunden. Dieses Projekt, das die Betreuung strukturieren will, ist als bundesweites Vorbild für den Umgang mit Krebspatienten im Gespräch.
Der Lehrstuhl bleibt in jedem Fall erhalten. Es laufen Gespräche, ob das Rektorat (bei Erfüllung gewisser Vorgaben seitens der Gesundheitswissenschaftler) nach Ablauf der fünf Jahre die Finanzierung übernimmt. »Sollte sich diese große Hoffnung zerschlagen, setzen wir Eigenmittel ein«, kündigt Hurrelmann an.

Artikel vom 03.06.2005